Wiener Linien: Datenschutz wieder nicht eingehalten
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Wien (Österreich), 21.04.2009 – Die Wiener Linien GmbH & Co KG kommt nicht zur Ruh'. Nachdem deutsche Datenschutzskandale auch durch unsere Medien gingen, zuletzt von einer Drogeriekette, welche Fragebögen nach Krankenständen ausfüllen ließ, sorgt nun der Kommunalbetrieb wieder für Aufregung.
Die Wiener Zeitung berichtete, dass Details aus Krankenakten in der Personalabteilung (P21) landeten. Ein Beamter der U-Bahn-Aufsicht erhielt seinen Krankenakt von der Personalabteilung und nicht von der Betriebskrankenkasse oder den angestellten Ärzten. Der Anwalt des Betroffenen vermutet, dass die Direktionsärztin die Daten an die Personalabteilung übermittelt hat. Weiters gab die Personalabteilung zu, dass sie zur Krankenstandsüberwachung Detektive einsetzen würde und offenbar auch eigene Mitarbeiter für diese betriebsfremden Aufgaben heranzieht.
In ersten politischen Reaktionen sehen ÖVP und FPÖ „Stasi-“ beziehungsweise „DDR-Methoden“ und fordern Aufklärung von der zuständigen Stadträtin. Die grüne Gemeinderätin Ingrid Puller, selbst Straßenbahnfahrerin, erinnert daran, dass sich die Wiener Linien auch bei der Videoüberwachung nicht gesetzeskonform verhalten. Die SPÖ befand sich in dieser Sache zunächst auf Tauchstation, gab dann jedoch heute Nachmittag eine Presseerklärung heraus. Die SPÖ sieht keine Verfehlungen und auch die Einhaltung des Datenschutzes als gegeben an. Auch der Chef der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, Christian Meidlinger, war zu keiner Stellungnahme bereit. Für Betriebsrat Roman Böhm-Raffay vom Linksblock ist dies nur die Spitze eines Eisberges.
Die Datenschutzkommission hat diesbezüglich bereits ein Verfahren eingeleitet.
Hintergrund: Der Krankenstand
Die allgemeinen Regeln für Krankenstände sind denkbar einfach. Ein Arbeitnehmer geht zum Arzt, lässt sich krank schreiben und muss Kontrollbesuche beim Arzt einhalten. Nach Gesundung wird der Arbeitnehmer vom Arzt „abgeschrieben“, also auf der Krankmeldung der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit eingetragen. Der Arbeitgeber erhält keine Informationen betreffend der Diagnose. Einzige Ausnahme stellt ein Arbeitsunfall dar. Somit kennt nur der behandelnde Arzt und die zuständige Krankenkasse, meist eine Gebietskrankenkasse, die genauen Umstände der Erkrankung. Beim nächsten Arbeitsantritt übergibt der Arbeitnehmer seine Krankenstandsbestätigung seinem Arbeitgeber.
Doch die Wiener Linien sind anders. Da sie sich eine Betriebskrankenkasse (BKK) leisten, fallen die Beschäftigten der Wiener Linien nicht in die Versicherungspflicht einer Gebietskrankenkasse. Die Beamten, Vertragsbediensteten und Angestellten sind bei der „Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe“ versichert. Hier wurde ja bereits früher gemunkelt, dass Daten zwischen BKK und Wiener Linien ausgetauscht würden. Der Hausarzt schreibt einen Bediensteten krank, kann ihn auch zur Kontrolle bestellen, doch gesundschreiben kann er ihn nicht mehr. Dies übernimmt der Bahnhofsarzt. Von diesem Arzt kann man auch zur Kontrolle eingeladen werden. Daher ist ein Arzt des Arbeitgebers immer über die Krankheit und deren Verlauf informiert. Bahnhofsärzte sind bei den jeweiligen Dienststellen eingerichtet, jedoch muss nicht jeder Bahnhof über eine Krankenabteilung verfügen. Neben den Bahnhofsärzten, zuständig für Krankenstände, gibt es noch Direktionsärzte. Diese entscheiden, ob zum Beispiel ein Fahrbediensteter fahrtauglich ist oder nicht (längere Behandlung mit verkehrsbeeinträchtigenden Medikamenten, Diabetis, Sehschwäche und so weiter). Ebenso entscheiden diese bei Neuaufnahmen (gesundheitliche Berufseignung) mit.
Entgeltfortzahlung: Grundsätzlich besteht für einen Angestellten Anspruch auf Weiterbezahlung seines Gehaltes für vier Wochen, danach für zwei Wochen zur Hälfte. Bei längeren Krankheiten springt auch die zuständige Krankenkasse ein. Aufgrund der sozialen Stellung (Beamter, Vertragsbediensteter, Arbeiter oder Angestellter; Beispiel hier: Angestellter) kann es jedoch zu Abweichungen kommen.
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Weiterführende Links
Quellen
- Wiener Zeitung: „Kranken-Spitzel bei Wiener Linien“ (18.04.2009)
- Wiener Zeitung: „‚Stasi-Methoden‘: Empörung über Privatdetektive“ (21.04.2009)