Sind die Wiener Linien noch zu retten?
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Wien (Österreich), 19.06.2008 – Heute fand am Bezirksgericht Leopoldstadt die Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen einen Straßenbahnfahrer der Wiener Linien GmbH & Co KG statt.
Gerichtliche Strafverfahren gegen Fahrer, welche auch oftmals mit einer Verurteilung oder Diversion geendet haben, hat es vor allem wegen fahrlässiger Körperverletzung immer wieder gegeben. An der Sicherheit hat sich leider nur wenig verbessert.
Dem Fahrer wurde vorgeworfen, dass er einen Passanten mitgeschliffen habe und dieser dadurch ums Leben kam. Aufgrund der oft kritisierten Tatsache, dass bei älteren Garnituren der Wiener Linien keine Rückspiegel vorhanden sind, sehen viele Kritiker im Gegensatz zu den Wiener Linien ein erhöhtes Unfallrisiko. Seitens der Wiener Linien wird immer wieder betont, dass ein Rückspiegel die Sicherheit nicht wesentlich erhöhen würde, da es auch viele gebogene Haltestellen gibt, welche auch mit einem Rückspiegel nicht überblickt werden können. Ob es möglich wäre, ähnlich wie bei den U-Bahnen, unübersichtliche Stationen mit einem Spiegel direkt in der Haltestelle zu sichern, wurde bislang noch nicht geprüft.
In der Hauptverhandlung heute wurde der Fahrer in erster Instanz freigesprochen. Er hätte keine Möglichkeit gehabt, den tragischen Unfall zu verhindern. Das erstinstanzliche Urteil ist nicht rechtskräftig, daher ist noch alles offen, sollte von Seiten der Staatsanwaltschaft Wien eine Berufung gegen den Freispruch eingebracht werden. Die Frist dafür beträgt drei Tage. Der Freispruch, für den Fahrer natürlich erfreulich, bedeutet auch, dass die Wiener Linien sich bestätigt fühlen könnten und somit auch nichts in die Sicherheit investieren werden. Das Tragische an diesem Vorfall ist zweifels los, dass der tödlich Verunglückte fast zwei Kilometer mitgeschleift wurde und dies niemand bemerkte.
Auch die Richterin kritisierte die Wiener Linien, dass sie noch immer die veralteten E1-Garnituren verwenden. Auch im Selbsttest des Gutachters war es möglich, dass er trotz Sicherheitsvorkehrungen in der Türe eingeklemmt wurde und denoch die Freigabe zur Abfahrt erfolgte, obwohl man von außen mit der Handfläche ins Innere langte.
Von Seiten der Personalvertretung KIV wird den Wiener Linien vorgeworfen, sich nicht an die Gesetze zu halten. Zum einen wurden im Widerspruch zum Datenschutzgesetz Bilder von Fahrern an Beschwerdeführer übermittelt, zum anderen werden Mitarbeiter genötigt, länger als erlaubt mit Linienbussen zu fahren.
Erst vor kurzem hat das Arbeits- und Sozialgericht Wien die Kündigung eines Homosexuellen aufgehoben, welcher von Mitarbeitern, Vorgesetzen und Personalvertretern gemobbt wurde und aufgrund dessen erkrankte sowie in der Folge gekündigt wurde. Auch verlangen die Wiener Linien Meldezettel von Mitbewohnern der Mitarbeiter. So ist auch aufgeflogen, dass der gekündigte Mitarbeiter homosexuell ist. Durch die Vorlage eines Meldezettels erhält aber der Arbeitgeber sensible, vertrauliche Daten, noch dazu von Dritten, welche den Betrieb eigentlich nichts angehen.
Auch wird immer wieder den Fahrern der Wiener Linien vorgeworfen, dass sie die in der Straßenverkehrsordnung für alle Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr verankerte Verpflichtung, sich mit einem amtlichen Lichtbildausweis zu legitimieren sowie ihre Personalien (Name, Wohnort, Beruf) bekanntzugeben, grundlos verweigern. Offenbar aufgrund des steigenden Drucks und zunehmenden Verkehrs verstoßen die Fahrer der Wiener Linien im öfters gegen die Regeln im Straßenverkehr. Zuletzt wurde ein Fahrer verwaltungsstrafrechlich belangt, weil der beim Verlassen der Haltestelle sich den Vorrang erzwungen hat. Nur so lässt es sich erklären, weshalb mitten im Berufsverkehr ein führerloser Bus eine steile Straße hinunter fährt und nur durch das Eingreifen von Fahrgästen eine Katastrophe verhindert wurde. Am Ende der Straße ist eine vielbefahrene Kreuzung, auch mit Straßenbahnen. Nicht auszudenken, was passiert wäre...
Quellen
Quellen zum aktuellen Prozess
- wien.orf.at: „Freispruch, keine Möglichkeit Unfall zu vermeiden“ (19.06.2008)
- oe24.at: „Fahrer nach tödlichem Bim-Unfall freigesprochen“ (19.06.2008)
Quellen zu den Unfällen
- wien.orf.at: „Straßenbahnfahrer nach Todesfall vor Gericht“ (19.06.2008)
- vienna.at: „Fünf Verfahren wegen Wiener-Linien-Unfällen“ (07.05.2008)
- oe24.at: „Schlimme Vorfälle: Fünf Verfahren wegen Wiener-Linien-Unfällen“ (07.05.2008)
- diepresse.com: „Führerloser Bus rollt mit Fahrgästen in parkende Autos“ (04.02.2008)
- oesterreich.orf.at: „Kein Sicherheitsproblem bei Wiener Linien“ (22.02.2008)
- fpdwl.at: „Führerloser Bus“ (Diskussionsthema)
Quellen zu Mobbing
- wien.orf.at: „Kündigung von Homosexuellem aufgehoben“ (14.04.2008)
- rainbow.at: „Wiener Linien: ASG hebt Kündigung eines Homosexuellen auf“ (14.04.2008)
- ggg.at: „Homo-Mobbing: Wiener Linien sehen keine Schuld“ (14.04.08)
- kurier.at: „Gemobbt, erkrankt, gekündigt“ (14.04.2008)
firmeninterne Quellen
- kiv-wiener-linien.at (KIV-Magazin): „Pausen (Seite 4), angeklagter Fahrer (Seite 5), gelten für die Wiener Linien auch Gesetze (Seite 10)“ (Juni 2008) PDF
- kiv-wiener-linien.at (KIV-Magazin): „Fahrerfotos an Dritte weitergegeben (Seite 3)“ (Jänner 2008) PDF
- kiv-wiener-linien.at (KIV-Magazin): „Verwaltungsstrafe für Buslenker (Seite 3)“ (März 2008)