Europarat: Deutschland und 13 weitere Länder an CIA-Entführungen beteiligt

Artikelstatus: Fertig 12:04, 8. Jun. 2006 (CEST)
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Brüssel (Belgien), 08.06.2006 – Dick Marty, der Sonderermittler des Europarates legte am Mittwoch, dem 7. Juni, in Paris seinen Abschlussbericht über die so genannten Gefangenenflüge der CIA und die Beteiligung europäischer Regierungen daran vor. Darin werden Deutschland und 13 weitere Länder beschuldigt, Gefangenenflüge und Geheimgefängnisse des US-Geheimdienstes CIA geduldet und sogar mit der CIA zusammengearbeitet zu haben.

Nach den Worten des Schweizer Ermittlers Dick Marty ist es wahrscheinlich, dass Deutschland in den Fällen des Deutschen Khaled al-Masri, der nach Afghanistan verschleppt wurde, sowie des nach Ägypten entführten Abu Omar gegen Rechte des Einzelnen verstoßen habe.

Die deutsche Bundesregierung hielt sich mit Stellungnahmen zu den erhobenen Vorwürfen des Sonderermittlers heute zurück. Nach den Worten des Regierungssprechers Thomas Steg wird die Bundesregierung den Bericht zunächst prüfen und ihn dem zuständigen Parlamentarischen Kontrollausschuss zuleiten.

Vertreter von Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag forderten die Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen könnten. Der Vertreter der Grünen im Parlamentarischen Kontrollgremium der Geheimdienste, Hans-Christian Ströbele, schlug vor, den EU-Sonderbeauftragten Marty in das Bundestagsgremium einzuladen. Dieser Vorschlag wurde von dem FDP-Innenexperten Max Stadler unterstützt. Er stelle sich die Frage, „wie viele Guantanamos die Amerikaner eigentlich weltweit unterhalten“.

Weitere in dem 67-seitigen Marty-Bericht genannte Staaten sind Bosnien-Herzegowina, Großbritannien, Italien, Mazedonien, Schweden sowie die Türkei.

In Bezug auf Rumänien und Polen hätte sich nach den Worten Martys der Verdacht „erhärtet“, dass die CIA dort Geheimgefängnisse unterhalten habe. Das Netz von Gefängnissen in Europa sei nur dadurch ermöglicht worden, dass ein heimliches Einverständnis vorgelegen habe. Marty musste aber einräumen, dass bisher keine schlagkräftigen Beweise im juristischen Sinne vorlägen.

Die polnische und die rumänische Regierung wiesen diese Vorwürfe umgehend zurück. Ein Sprecher des US-State Departments wies den Bericht mit den Worten zurück, er enthalte keine „stichhaltigen Fakten“. Die EU-Kommission wollte den Bericht Martys zunächst nicht kommentieren. EU-Kommissar Franco Frattini werde die Sicht der EU-Kommission am 27. Juni darlegen, wenn die Plenarsitzung des Europarates stattfindet.


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