Zuckerrohr für Bioethanol bedrängt Kleinbauern und Regenwald in Brasilien

Artikelstatus: Fertig 17:21, 3. Jun. 2007 (CEST)
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Brasília (Brasilien), 03.06.2007 – In Brasilien steigt die Nachfrage nach Zuckerrohr für Bioethanol weiterhin massiv an – vier von fünf Neuwagen sind mittlerweile mit einem Flex-Fuel-Motor ausgestattet, der wahlweise mit Benzin oder Ethanol betankt werden kann. Die bestehenden 300 Zuckerrohrfabriken können der Nachfrage kaum mehr nachkommen, sodass in den nächsten fünf Jahren 100 weitere hinzukommen sollen. Auch der Export von Biotreibstoffen aus Brasilien soll, in Zusammenarbeit mit den USA, ausgebaut werden. Entsprechend weiten die Großgrundbesitzer ihre Zuckerrohrproduktion aus. Ethanolproduzenten und Regierung streben gar eine Verdoppelung der Anbauflächen von heute sieben Millionen Hektar an.

Zuckerrohr-Monokultur, soweit das Auge reicht in São Paulo. Allein in diesem Bundesstaat wächst auf vier Millionen Hektar Zuckerrohr.

Ethanol aus Zuckerrohr wird seit den 1970er Jahren von der brasilianischen Regierung als Alternative zu Erdöl gefördert. So muss Benzin von Gesetzes wegen 25 % Ethanol beigemischt werden. Heute ist Brasilien weltweit führend in der Bioethanolproduktion, Ethanol macht die Hälfte des Treibstoffverbrauchs aus. In jüngerer Zeit ist das Interesse am brasilianischen Bioethanol wegen der Diskussionen um Klimaschutz und die Verknappung des Erdöls gewachsen. Die Produktion von heute 17 Milliarden Litern (von denen 14 Mia. im Inland verbraucht werden), wird Schätzungen zufolge bis 2013 auf 35 Mia. Liter steigen, während die Inlandsnachfrage 29 Mia. erreichen wird.

Für die Ausweitung der Zuckerrohr-Bioethanolproduktion mussten und müssen, vor allem im Nordosten Brasiliens, Kleinbauern weichen – die „Zuckerbarone“ vertreiben sie mit Gewalt, um ihre Plantagen zu vergrößern. Die landlos gewordenen Vertriebenen landen oftmals in den städtischen Favelas oder als Arbeiter auf den Zuckerrohrplantagen unter meist schlechten Arbeitsbedingungen. Die Landlosenbewegung MST protestiert deshalb gegen den Ausbau der Bioethanolproduktion aus Zuckerrohr, die zur weiteren Konzentration des Landbesitzes in den Händen Weniger beitrage.

Umweltschützer fürchten auch um den Amazonas-Regenwald. Denn dort weitet sich der Zuckerrohranbau zwar noch nicht aus, da das Zuckerrohr auf den nährstoffarmen Böden schlecht gedeiht. Experten vermuten aber, dass Genetiker bald Zuckerrohrpflanzen züchten werden, die auch auf gerodetem Regenwaldboden wachsen. Ähnlich ist es beim Sojaanbau geschehen, der mittlerweile als eine der größten Gefahren für den brasilianischen Regenwald gilt.

Der Atlantische Küstenurwald, die Mata Atlântica, wurde bereits in der Vergangenheit großflächig für den Anbau von Zuckerrohr, Kaffee und Soja abgeholzt.

Um der wachsenden Kritik am Einsatz von Biotreibstoffen entgegenzukommen, plant die brasilianische Regierung derweil ein Gütesiegel, das eine sozial und ökologisch verträgliche Produktion gewährleisten soll. Ein solches Zertifikat soll in drei bis vier Jahren entwickelt sein.

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Quellen