Warschau: Ermittlungsverfahren gegen „taz“-Redakteur eingeleitet
Artikelstatus: Fertig 19:47, 21. Jul. 2006 (CEST) Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben. |
Warschau (Polen), 21.07.2006 – Im Fall einer „taz“-Satire, in der der polnische Staatspräsident Lech Kaczyński mit einer Kartoffel verglichen worden war, hat die Warschauer Staatsanwaltschaft heute ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung gegen den „taz“-Autor Peter Köhler eröffnet.
Die Staatsanwaltschaft beruft sich dabei auf Artikel 135, Paragraph 2 des polnischen Strafrechts, wonach eine Beleidigung des Staatspräsidenten mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden könnte. Die „taz“-Satire hatte die deutsch-polnischen Beziehungen belastet, weil der polnische Staatspräsident nach dem Erscheinen des Artikels von der deutschen Bundesregierung „Konsequenzen“ gegen die „taz“ gefordert hatte. Im polnischen Rundfunk meldete sich der polnische Präsident Lech Kaczyński erneut über den Vorgang zu Wort. Mit dem Artikel seien „alle Grenzen überschritten“ worden. Außerdem kenne er „keinen vergleichbaren Angriff auf Politiker und ihre Familien“. Wegen der in Deutschland üblichen Praxis, eigene Staatsbürger nicht an das Ausland auszuliefern, wird in der polnischen Presse jetzt darüber spekuliert, ob der verantwortliche Redakteur möglicherweise per europäischem oder internationalem Haftbefehl nach Polen überführt werden könnte.
Das neue Europäische Haftbefehlsgesetz (EuHbG), das erst in einigen Wochen in Kraft tritt, lässt jedoch eine Auslieferung nur dann zu, wenn das Delikt in beiden Staaten strafbar ist. Im Falle der „taz“-Satire hat die deutsche Bundesregierung bereits deutlich gemacht, dass sie keinen juristischen Handlungsbedarf sieht.