Vogt Witten: Erneut massive Lohnsenkungen geplant
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Witten (Deutschland), 16.04.2005 - Seit 1999 läuft das 1970 eröffnete Siemenswerk in Witten unter dem Label der „Vogt electronic AG“. Als Siemens Ende 2003 die Hi-Com-Telefonanlagen nicht mehr in Witten sondern in Brasilien produzieren ließ, wurde die Belegschaft, die einst aus weit über 2.000 Personen bestand, auf 430 zurückgefahren. Als es dann noch immer düster aussah, wurde mit der IG Metall im November 2004 ein „Sanierungstarifvertrag“ geschlossen: Die Belegschaft erhält bis November 2007 lediglich 70 Prozent des Gehaltes, zudem muss Mehrarbeit geleistet werden. Im Gegenzug bleibt der Standort für die Dauer des Sanierungstarifvertrages bestehen.
Jetzt soll es erneut zu drastischen Lohnkürzungen kommen. „In einigen Fällen würden Arbeitnehmer fast zwei Drittel ihres Verdienstes verlieren“, sagte Betriebsrat Werner Weis in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Es geht um „immense Abgruppierungen“ bei den Lohntarifen durch die Geschäftsführung, denen durch den Betriebsrat allerdings zunächst widersprochen wurde. 41 Fälle müssen nun vor dem Arbeitsgericht Bochum verhandelt werden. Geschäftsführer Werner Becker relativierte das Problem allerdings und wies darauf hin, dass „für die schwierigen Fälle ein Sozialfonds geschaffen“ wurde.
In Einzelfällen sollen Angestellte um bis zu sieben Lohngruppen heruntergestuft werden. In Teilen der durch den Sanierungstarifvertrag ohnehin gebeutelten Belegschaft wurde bereits von „Existenzgefährdung“ gesprochen. „Über die Kurzarbeit, aber auch über andere strukturelle Maßnahmen informieren wir am kommenden Donnerstag, den 21.04.2005“, so Weis.
Darüberhinaus wurde für den Zeitraum von Mai bis September bei der Arbeitsagentur Witten Kurzarbeit angemeldet. „Es gibt ein Auftragsloch von zwei, drei Monaten“, so der Geschäftsführer. Der größte Auftraggeber für das Werk Ecke Brauckstraße / Siemensstraße sind die Deutschen Telephonwerke, die Chips für Telekommunikationsgeräte aus Witten erhalten.
Geschäftsführer Weis weist darauf hin, dass das Werk „viele von Siemens übernommene Facharbeiter“ habe, die „sehr gut verdient“ hätten. „Ihre Jobs gibt es nicht mehr. Deshalb müssen wir umgruppieren. So komme es vor, dass Facharbeiter Löhne für ungelernte Tätigkeiten akzeptieren, einige aber eben nicht“.
Ein Kuriosum am Rande: Nachdem Siemens das Areal 1970 zum symbolischen Preis von einer Deutschen Mark von der Stadt Witten gekauft hatte, wurde gleichzeitig eine Option auf die gleiche Fläche hinter dem Werksgelände geschlossen, für den Fall, dass der Standort Witten expandiert. Aufgrund dieser Option musste der Kleingartenverein Mellmausland 1985 ein Teil seiner Fläche aufgeben. Heute ist der Grünstreifen zwischen der Schrebergartenanlage und der Elektrofabrik nur Brachland, von Expansion ist schon lange keine Rede mehr.
Nachdem das Werk eröffnet wurde, hat die Bundesrepublik Deutschland an der A 44 zwischen dem Autobahnkreuz Dortmund / Witten und der Anschlussstelle Witten-Stockum / Dortmund-Oespel die Anschlussstelle Witten-Annen / Rüdinghausen gebaut. Die Deutsche Bundesbahn hat das Werksgelände an ihr Schienennetz angeschlossen, damit Warentransport per LKW und Schiene gewährleistet waren. Die Stadt Witten hat die Siemensstraße als Zubringer gebaut und damit nicht nur das Werksgelände, sondern auch das Gelände, auf das ursprünglich eine Option zur Expansion bestand, auf eigene Kosten erschlossen.