Somalia: Angespannte Lage nach der Ermordung eines Ministers

Artikelstatus: Fertig 22:51, 28. Jul. 2006 (CEST)
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Baidoa (Somalia), 28.07.2006 – Heute wurde in der somalischen Stadt Baidoa der Minister der Übergangsregierung für Verfassungsfragen und Föderalismus und ehemalige Parlamentssprecher, Abdallah Isaaq Deerow, erschossen, als er eine Moschee nach dem Freitagsgebet verlassen hatte. Laut Augenzeugenberichten, auf die in verschiedenen Medienberichten verwiesen wird, wurde Abdallah Isaaq Deerow mehrmals in die Brust geschossen. Nach Bekanntwerden der Nachricht vom Tod des Ministers kam es in Baidoa, dem Sitz der Regierung, deren Einfluss im Land äußerst gering ist, zu Unruhen. Einem Bericht von „timesonline.co.uk“ zufolge zogen etwa hundert Menschen randalierend durch die Straßen der etwa 240 Kilometer von der Hauptsadt Mogadischu entfernten Stadt.

Die Lage Somalias

Wer den Minister der Übergangsregierung erschossen hat, ist bisher unklar. Der Informationsminister der Übergangsregierung sagte, dass die Erschießung des Kabinettmitglieds wie ein geplantes Attentat aussehe. Den Angaben des Informationsministers lässt sich entnehmen, dass es sich offenbar um mehrere Täter gehandelt hat, die nach der Erschießung des Ministers davongerannt seien. Die Polizei suche nach den Tätern. Es wird darüber spekuliert, ob ein Zusammenhang mit den Schüssen auf Abdallah Isaaq Deerow und dessen öffentliche Unterstützung der Präsenz äthiopischer Truppen in Somalia gibt.

Karte von Somalia und seinen Nachbarstaaten

Die somalische Übergangsregierung geriet in eine schwere Krise, nachdem in den letzten zwei Tagen zahlreiche Minister ihren Rücktritt eingereicht hatten. Der ermordete Minister zählte nicht zu den Kabinettsmitgliedern, die ihren Rücktritt eingereicht hatten. Am Montag wird das Parlament über einen Misstrauensantrag gegen den Ministerpräsidenten Ali Mohamed Gedi debattieren. Ali Mohamed Gedi wird vorgeworfen, der Stationierung äthiopischer Truppen in Somalia zum Schutz der Übergangsregierung zugestimmt zu haben und mit seiner Sicherheitspolitik gescheitert zu sein. Der somalische Übergangspräsident, Abdullahi Yusuf Ahmed, gilt ebenfalls als enger Verbündeter der äthiopischen Regierung. Die Stationierung äthiopischer Truppen in Baidoa steht im Zusammenhang mit dem Vorrücken von Kämpfern der Union islamischer Gerichte bis auf etwa 30 Kilometer vor Baidoa. Offiziell bestreitet die äthiopische Regierung die Stationierung von Truppen im Nachbarland. Verschiedene äthiopische Minister sollen aber gesagt haben, dass jeder Angriff der islamistischen Milizen auf Baidoa niedergeschlagen werde.

Einige Al-Qaida-Führer haben die äthiopischen Bürger zum Dschihad gegen die äthiopischen Soldaten aufgerufen. Der „Union islamischer Gerichte“, einer Miliz, die weite Teile Somalias und seit Juni dieses Jahres auch die Hauptstadt Mogadischu kontrolliert, wird vorgeworfen, das Terrornetzwerk Al-Qaida zu unterstützen. Der Anführer der Union islamischer Gerichte, Sheikh Hassan Dahir Aweys, wird von der US-Regierung als Terrorist eingestuft.

Da Eritrea offenbar die Union islamischer Gerichte mit Waffenlieferungen unterstützt, wird in Medienberichten die Befürchtung geäußert, dass es in Somalia zu einen Stellvertreterkrieg der Nachbarstaaten Äthiopien und Eritrea kommen könnte, zwischen denen es von 1998 bis 2000 einen Grenzkonflikt gegeben hat. Laut einem auf „timesonline.co.uk“ veröffentlichten Artikel sollen Waffen aus Eritrea geheim per Schiff an die islamistischen Milizen geliefert worden sein. Am Freitag landete auf dem Flughafen von Mogadischu ein Frachtflugzeug, woraufhin Kämpfer der Union islamischer Gerichte Straßen nahe dem Flughafen blockierten. Laut einem Artikel der Nachrichtenagentur Reuters, der sich auf Berichte von Anwohnern beruft, sollen LKWs die Lieferung vom Flughafen abtransportiert haben. Der Flughafen in der Hauptstadt wurde erst vor kurzem von den islamistischen Milizen wiedereröffnet. Die Übergangsregierung geht davon aus, dass sich in dem Flugzeug, das in Mogadischu gelandet ist, Waffen aus Eritrea befanden.

Unterdessen gestalten sich Friedensverhandlungen als schwierig. Zuletzt erklärte der Milizenführer Sheikh Hassan Dahir Aweys, dass er nicht an Verhandlungen teilnehme, solange sich äthiopische Truppen in Somalia befänden. Daher ist unklar, ob die Friedensgespräche, die am Dienstag in der sudanesischen Hauptstadt Khartum fortgesetzt werden sollten, weitergeführt werden.

François Lonseny Fall, UN-Gesandter für Somalia, rief nach den Schüssen auf den Minister zur Ruhe auf und kündigte die Teilnahme an einem regionalen Treffen an, auf dem über die angespannte Lage in Somalia diskutiert werden soll. Mit einem Brief an die islamistischen Milizen hatte François Lonsény Fall gestern versucht, diese zur Teilnahme an Friedensverhandlungen mit der somalischen Übergangsregierung zu bewegen.

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Quellen