Peking lässt die Muskeln spielen
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Peking (China), 24.12.2013 – Dass bei Militärparaden neue Waffen - vor allem Mittelstrecken- aber auch Langstreckenraketen - gezeigt wurden, war etwa in Moskau zur Zeit der Sowjetunion ein sehr beliebtes Ritual um die eigene Macht im Kalten Krieg zu demonstrieren. Der Kalte Krieg ist zu Ende, die Militärparaden in Moskau weniger spektakulär, aber das heißt nicht, dass es nicht noch Länder gibt, die gegenüber den Vereinigten Staaten gerne ihre Macht demonstrieren möchten.
Die chinesische Marine übernahm im September 2012 ihren ersten Flugzeugträger, das an sich war bereits eine Schlagzeile wert. Das Schiff befindet sich noch im Trainingsbetrieb und gilt nicht als voll einsatzfähig, trotzdem ist es bereits für eine Machtdemonstration zu gebrauchen. Der betreffende Vorfall ereignete sich bereits am 5. Dezember 2013, aber noch am Freitag den 20. Dezember kommentierte der US-Verteidigungsminister Chuck Hagel den Vorgang als „unverantwortlich“, nachdem zuvor die chinesische Regierung die Vorgehensweise als „allen Regeln entsprechend“ bezeichnet hatte. Der Flugzeugträger „Liaoning“ hatte auf seiner ersten Trainingsfahrt auf hoher See die Route des amerikanischen Kreuzers USS Cowpens nur knapp 100 m vor diesem gekreuzt. Der Vorfall, der sich im südchinesischen Meer ereignete, ist ein weiterer Vorgang im Machtkampf um die Ansprüche Chinas auf verschiedene Inselgruppen in dieser Region, die ebenso von anderen Ländern beansprucht werden. Von besonderer Bedeutung ist hier der Streit um die Senkaku oder Diaoyu Inseln (jenachdem wem man die Inseln zuspricht) mit Japan. Dort hatte China vor wenigen Wochen seine Air Defence Identification Zone einseitig ausgeweitet, so dass sich diese nun mit der Zone Japans weiter überlappt, was dieses nicht akzeptiert. Die chinesische Regierung möchte so deutlich machen, dass sie sich nach außen hin jedem Gegner gewachsen sieht.
Aber auch nach innen zeigt die Regierung in Peking gerade einmal wieder, dass sie Kritik an der eigenen Macht von niemandem einfach toleriert. Über den Umgang mit den Medien in China ist auf Wikinews in letzter Zeit des öfteren berichtet worden, und chinesische Bürger sind vorsichtig mit Äußerungen über die eigene Politik gegenüber Fremden, denn sie fürchten eine „Einladung zum Tee“ von den Behörden. Ausländische Medienvertreter sind von derartigen Drohungen nicht so einfach zu beeindrucken, denn ihr offizieller Journalistenstatus gewährt ihnen viele Freiheiten, wenn auch unter Auflagen wie der Tatsache, dass etwa Genehmigungen zu Filmaufnahmen etwa auf dem Platz des Himmlischen Friedens jedesmal vorher beantragt werden müssen und zunehmend von Spezialgenehmigungen mit völlig undurchsichtigen Regeln erschwert werden. Zeitungsreporter haben es da etwas einfacher mit ihrer Berichterstattung, sind sie doch nicht so auf das Bildmaterial angewiesen. Doch jeder Journalist wird, gerade wenn er die großen Städte wie Peking oder Shanghai verläßt und aus dem Land berichtet, von den lokalen Behörden sehr genau beobachtet. Zu ungewohnt ist das Auftreten des Journalisten, der sich Informationen oder Bilder selber sucht, anstatt sich auf die offiziellen Angaben und Materialien zu verlassen. Dies schränkt Journalisten ein, wenn es etwa um Berichte über Umweltprobleme oder Vorfälle in tibetischen Siedlungsgebieten oder im Autonomen Uigurischen Gebiet Xinjiang geht, doch lang wäre die Liste dessen was es hier zu berichten gäbe, das aber nationale sowie lokale offizielle Stellen in ein, wie diese durchaus auch zur Recht fürchten und beklagen, sehr negatives Licht rücken würde.
Jeder Ausländer, der in China arbeitet, braucht eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung, die jährlich zu erneuern ist, und Journalisten müssen sich ihre Anerkennung als Berichterstatter für ausländische Medien jährlich erneuern lassen. Auch wenn die chinesische Regierung gerne sagt, wie sehr sie ausländische Fachkräfte in der Wirtschaft schätzt und deren Zuwanderung gerne verstärken möchte, in dem sie bürokratische Hemmnisse abbaut, die jährliche Genehmigung der Arbeitsgenehmigung möchte man sich doch ungerne aus der Hand nehmen lassen, und für ausländische Medienvertreter gilt nun mal besonders, dass sie nicht für die chinesische Wirtschaft tätig sind. In Arbeitsverträgen für Ausländer steht die Klausel, man dürfe nichts tun, was gegen die chinesischen Sitten und Gebräuche verstoße. Ein ziemliche Gummiklausel, muss man dazu feststellen, denn der Hinweis auf Fehlverhalten und damit auch Kritik an der Regierung und offiziellen Stellen ist nicht verboten, aber trotzdem nicht erwünscht. Von der augenblicklichen Kampagne gegen die Korruption und Machtmissbrauch in der staatlichen Verwaltung ist nur betroffen, wer von den Behörden als offiziell als verdächtig eingestuft wird. Das bekommen gerade die Reporter der New York Times und der Bloomberg Gruppe zu spüren, denn sie warten wenige Tage vor dem Ablauf ihrer Aufenthaltsgenehmigung noch immer auf die Verlängerung ihrer Papiere. Vor allem die New York Times hat seit einem Bericht von 2012 über die finanziell sehr einträglichen aber hinter sehr komplexen Netzen verschleierten Geschäftsbeteiligungen chinesicher Spitzenpolitiker, der das Missfallen der staatlichen Zensur erregte, einen schweren Stand in China und ist im chinesischen Internet nicht mehr zugänglich. Ähnliches gilt für die Berichte von Bloomberg, die aus den gleichen Gründen ebenfalls von Zensurmaßnahmen betroffen sind. Beide Medien berichten aber noch immer kritisch über die chinesische Elite, wie etwa die New York Times, die am 13.November 2013 Verbindungen der Tochter des ehemaligen Premierminister Wen Jiabao zur Investmentbank JPMorgan Chase in New York aufdeckte. Einige dieser Journalisten haben ihre Anerkennung als ausländische Berichterstatter bereits erneuert bekommen, aber auf die Arbeitsgenehmigung für 2014 müssen sie noch immer warten und die Uhr läuft unerbittlich ab, auch wenn US-Vizepräsident Joe Biden sich bei seinem Besuch in Peking Anfang Dezember 2013 bereits für die Journalisten eingesetzt hatte. US-amerikanische Zeitungsjournalisten bekommen damit eben jetzt gerade die ganze Macht der staatlichen Kontrolle über die Medien in China zu spüren. Dieser Vorgang illustriert warum China laut Reporter ohne Grenzen auf Platz 173 von 179 der Rangliste für die Freiheit der Medien rangiert.
Das Magazin The New Yorker zitiert einen ungenannten chinesichen Diplomaten, der die New York Times und Bloomberg offen eines Umsturzversuches in China beschuldigt. Zu den olymipischen Spielen 2008 hatte sich China ein neues Image verordnet, man wollte der Welt ein neues, freundliches und offenes China zeigen und fährt mit dieser Kampagne vor allem in Afrika noch fort, wo zahlreiche Investitionen in z.B in Infrastrukturprojekte der Wirtschaft der afrikanischen Länder helfen sollen. Doch während man nach Außen ein sehr freundliches Bild verbreitet, wird nach Innen sehr deutlich gemacht, dass man seine Macht in keiner Weise einzuschränken bereit ist. Zuckerbrot und Peitsche, wirtschaftlicher Aufbau, neuerdings auch Umweltschutz und damit bessere Lebensbedingungen für die Massen, aber keine freie Gesellschaft sind die Leitlinien auch der gegenwärtigen chinesischen Regierung.
Das man aber keineswegs nur gegen Staaten, die man als „feindlich“ gegenüber China betrachten mag, seine Macht demonstriert, zeigt die nur schwach als Einladung verkleidete Aufforderung an den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un zu einem Besuch in Peking. Ende 2012 kurz nach dem letzten Parteitag der chinesichen KP hatte man einen Besuch von Kim noch für unpassend angesehen. Nach der Hinrichtung von Chang Sung-taek, den man als sehr chinafreundlich und dahin gehend gleichermaßen einflussreich in seiner Heimat ansah, scheint eine deutliche Erinnerung daran, dass Nord-Korea nur durch die Hilfe Chinas am Leben gehalten wird, den Machthabern in Peking augenblicklich dringend geboten.
China möchte sich nicht mehr nur als Produktionsstätte der Welt verstanden wissen, es möchte auch als politische und militärische Weltmacht anerkannt werden und dazu gehört auch die Herausstellung als führende regionale Macht. Gleichzeitig soll dabei aber auch niemand Zweifel daran haben, wer in China die Politik bestimmt und dass Kritik daran in jeder Form unerwünscht ist.
Am 25. Dezember ist der Jahrestag der Verurteilung von Liu Xiaobo, der den Friedensnobelpreis 2010 erhielt. Er hatte sich zusammen mit anderen Intellektuellen für die Charta 08 eingesetzt, in der die Demokratisierung und Menschenrechte in China gefordert wurden. Er wurde dafür 2009 wegen „Untergrabung der Staatsmacht“ zu 11 Jahren Haft verurteilt. Kritische ausländische Journalisten können (oder müssen) China verlassen, sie werden an anderer Stelle in Freiheit weiter arbeiten können, Chinesen werden für ihre Kritik hingegen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
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Quellen
Bearbeiten- CNN: „Western journalists' China visa dramas: Don't shoot the messenger“ (22.12.2013)
- CNN: „Timeline: Foreign journalists under pressure in China“ (23.12.2013)
- BBC News: „Hagel: China warship action 'irresponsible'“ (20.12.2013)
- BBC News: „China journalist visas: The waiting game“ (20.12.2013)
- BBC News: „China wants Kim Jong-un to visit“ (13.12.2013)
- BBC News: „Will China expel foreign journalists?“ (11.12.2013)
- BBC News: „Biden decries China squeeze on US media“ (07.12.2013)
- BBC News: „Viewpoints: China air zone tensions“ (28.11.2013)
- The New Yorker: „The Meaning of China’s Crackdown on the Foreign Press“ (06.12.2013)
- Reuters: „UPDATE 1-China carrier steams towards disputed South China Sea for drills“ (26.11.2013)