Nach EU-Austrittserklärung: Droht Krieg zwischen Großbritannien und Spanien?

Veröffentlicht: 06:29, 3. Apr. 2017 (CEST)
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London (Großbritannien) / Madrid (Spanien), 02.04.2017 – Der kleine Landzipfel Gibraltar im Süden der Iberischen Halbinsel ist schon seit Jahrhunderten Streitpunkt zwischen den beiden Staaten Großbritannien und Spanien. Gibraltar, welches seit 1704 zu Großbritannien gehört, wird aber von Spanien beansprucht, obwohl man es offiziell an Großbritannien überreichte. Der Austritt aus der Europäischen Union (EU) von Großbritannien am Mittwoch entfachte den Streit zwischen den beiden Staaten. Theresa May sicherte dem etwa 30.000 Einwohner zählendem Überseegebiet festen Rückhalt bei Streiterein mit Spanien zu. Seit einigen Jahren versucht die spanische Regierung erfolglos Gespräche mit dem unter Souveränität stehendem Gebiet und der britischen Regierung aufzunehmen, doch diese werden von der britischen Regierung mit der Erklärung, dass Spanien keine Ansprüche auf das Gebiet habe, abgelehnt.

Britische Marine vor Gibraltar

Am Sonntag telefonierte May mit dem Regierungschef von Gibraltar, Fabián Picardo, um die bestmöglichsten Ergebnisse für Gibraltar zu erarbeiten. Mit Blick auf die Besitzansprüche von Madrid sagt May, dass man keine Regelungen gegen den freien Willen der Menschen dort zustimmen werde. Michael Howard, ehemaliger Vorsitzender der Konservativen Partei, schloss nach britischen Medienberichten nicht aus, dass May bereit sei einen Krieg gegen Spanien zur Verteidigung von Gibraltar zu führen. An der Aussage von Howard kam Kritik von Emily Thornberry, einer Politikerin der sozialdemokratischen Labour Party, dass solche Kommentare als aufrührerisch und nicht hilfreich für die Verhandlungen mit der EU seien.

Die spanische Regierung soll bei den „Brexit“-Verhandlungen ein Vetorecht für Abstimmungen über Gibraltar erhalten, hieß es in einem Entwurf der Europäischen Union über die Verhandlungsleitlinien am Freitag hervor. Madrid zeigte sich nach dem Entwurf zufrieden im Gegensatz zu Großbritannien und Gibraltar, welche dies scharf kritisierten. Die Leitlinien erlauben es Spanien „Briten in Gibraltar zu diskrimminieren“ und eigene Ziele zu verfolgen. „Gibraltar werde weder ein politisches Pfand noch Opfer beim Austritt aus der Europäischen Union werden“, sagte Picardo dem britischen Sender „Sky News“. Der britische Außenminister Boris Johnson sicherte dem Überseegebiet ebenfalls seine volle Unterstützungen bei den schwierigen Verhandlungen zu. Der spanische Regierungssprecher Iñigo Méndez de Vigo betonte, dass die Leitlinien sein Land zufriedenstellen. Sowohl die regierende koservative Partido Popular (PP) von Mariano Rajoy, als auch die oppositionellen Sozialisten der Partei Ciudadanos seien sich einig, dass es neue Möglichkeiten mit Blick auf den Landzipfel geben werde, hieß es in der Tageszeitung „El País“.

Am Mittwoch wurde der Austritt aus der Europäischen Union offiziell verkündet. Der Ratspräsident der EU, Donald Tusk, verschickte am Freitag den Entwurf für die Verhandlungsleitlinien der verbleibenden 27 Mitgliedstaaten. In diesem Entwurf steht: „Wenn das Vereinigte Königreich die Union verlässt, darf kein Abkommen der EU mit dem Vereinigten Königreich ohne Einverständnis zwischen dem Königreich Spanien und dem Vereinigten Königreich auf das Gebiet von Gibraltar angewandt werden.“ Über diesen Entwurf soll in den kommenden Wochen diskutiert werden. Für den 29. April ist ein EU-Sondergipfel in Brüssel geplant, in welchem die Verhandlungslinien seitens der EU beschlossen werden sollen.

Bei einem Referendum im Jahr 2002 stimmten 99 Prozent der Bewohner für einen Verbleib bei Großbritannien. Beim „Brexit“-Referendum vor neun Monaten votierten etwa 96 Prozent gegen die Trennung von der EU.


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