Größtes Dinosaurierskelett der Welt wächst noch

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Berlin (Deutschland), 07.05.2005 – Das größte in einem Museum ausgestellte Dinosaurierskelett der Welt, ein rund zwölf Meter hoher und 23 Meter langer, giraffenartiger Brachiosaurus brancai aus Tansania (Afrika), kann bis Mitte 2007 nicht mehr in Berlin bewundert werden. Der Gigant aus der Jurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren muss wegen Renovierungsarbeiten im Berliner Naturkundemuseum zerlegt, sicher verpackt und bis zum Wiederaufbau in einer Lagerhalle aufbewahrt werden.

SBB

Den wissenschaftlichen Namen „Brachiosaurus brancai“ hat 1914 der Berliner Paläontologe Werner Janensch (1887-1968) geprägt. Der Gattungsname Brachiosaurus („Arm-Echse“) bezieht sich darauf, dass die Vorderextremitäten dieses Dinosauriers deutlich länger sind als die Hinterbeine. Mit dem Artnamen brancai wurde der Direktor des Geologisch-Paläontologischen Instituts und Museums der Berliner Universität, Professor Wilhelm Branca (1844-1928), geehrt, der wesentlich an der Förderung der so genannten Tendaguru-Expedition beteiligt war, bei der man diesen Dinosaurier barg.

Die Gattung Brachiosaurus existierte – nach Funden zu schließen – in der oberen Jurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren in Ostafrika (Tansania) und in den USA (Colorado). Dies ist die Zeit, zu der in Bayern Urvögel (Archaeopteryx), Flugsaurier und der kleinste Dinosaurier der Erde, der nur zirka 70 Zentimeter lange Compsognathus, lebten.

Brachiosaurus gehört zu den so genannten Sauropoden – auch Elefantenfuß-Dinosaurier genannt –, für die ein kleiner Kopf, ein langer, schlangenartiger Hals, vier elefantenartige Beine und ein langer peitschenartiger Schwanz typisch sind. Dank seines aus 14 Wirbeln bestehenden langen Halses konnte Brachiosaurus hoch in den Bäumen pflanzliche Nahrung suchen und verzehren. Täglich benötigte er etwa eine Tonne Futter.

Entdeckungen riesiger fossiler Einzelknochen von Brachiosaurus, die etwa anderthalbmal so groß sind wie die des Berliner Dinosauriers, belegten, dass die „Arm-Echse“ eines der gewaltigsten Landwirbeltiere aller Zeiten war. Die stattlichsten Brachiosaurier erreichten eine Höhe von sage und schreibe 16 Metern und eine Länge von vielleicht bis zu 27 Metern. Von der eindrucksvollen Gesamthöhe machte der Hals mehr als die Hälfte aus.

Das Lebendgewicht von Brachiosaurus wird von Experten auf maximal etwa 80 Tonnen geschätzt, was rund 20 heutigen Elefantenkühen oder 12 erwachsenen Elefantenbullen entspricht. Ein ähnliches Gewicht hat heute nur noch der maximal 30 Meter lange Blauwal (Balaenoptera musculus). Nach Berechnungen von Wissenschaftlern wog allein das Herz eines lebenden Brachiosaurus zwischen 230 und 386 Kilogramm. Die Berliner „Arm-Echse“ hat eine Schulterhöhe von mehr als sechs Metern und besaß bis zu 2,55 Meter lange Rippen.

Der Berliner Brachiosaurus wurde bei einer großen Grabungsexpedition deutscher Paläontologen unter Leitung von Werner Janensch in den Jahren 1909 bis 1913 am Tendaguru-Hügel in Tansania, das damals Deutsch-Ostafrika hieß, entdeckt. Die meisten Knochen dieses Skeletts stammen von einem einzigen Dinosaurier; nur die Schwanzwirbelsäule wurde von einem zweiten, annähernd gleich großen Saurier hinzugefügt. In Tendaguru barg man auch fossile Reste der Dinosaurier Dicraeosaurus („Gegabelte Echse“), Kentrurosaurus („Stachelige Echse“), Elaphrosaurus („Leichte Echse“) und Dysaltosaurus (heute Dryosaurus beziehungsweise „Eichen-Reptil“).

Nach der Entdeckung mussten die teilweise zentnerschweren Knochen des Berliner Brachiosaurus zu Fuß von Menschen etwa 50 Kilometer weit bis an die Küste Ostafrikas getragen werden. Von dort aus transportierte man die Dinosaurierknochen per Schiff nach Deutschland.

Die Präparation und Aufstellung dieses riesigen Dinosauriers in Berlin dauerte 26 Jahre: von 1911 bis 1937. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges musste man das Skelett bereits 1939 wieder abmontieren. Erst ab Herbst 1952 wurde das ungewöhnliche Schauobjekt wieder der Öffentlichkeit präsentiert.

Der Abbau des Berliner Dinosauriers im Mai 2005 wird von der kanadischen Spezial-Firma Research Casting International (RCI) aus Ontario vorgenommen. Diese hat bereits mehr als 100 Dinosaurier auseinandergenommen und wieder zusammengefügt. Dabei sei noch nie etwas verlorengegangen, erklärte RCI-Spezialistin Carla Mackie.

Das größte Dinosaurierskelett der Welt besteht aus rund 200 Knochen. Davon sind etwa die Hälfte Originale, der Rest wurde ergänzt. Um die Stabilität nicht zu gefährden, ersetzte man den schweren Originalschädel durch eine leichtere Gipskopie. Der aus Gips nachgebildete Schädel wiegt etwa 50 Kilogramm, ein zirka 2,20 Meter langer Oberarmknochen zirka 300 Kilogramm. Im Naturkundemuseum wird Brachiosaurus brancai scherzhaft „Langhals“ genannt, verriet Dr. Wolf-Dieter Heinrich, Kustos für Wirbeltiere.

Der Zusammenbau des Berliner Brachiosaurus soll nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen. Der Hals der „Arm-Echse“ wird ab Mitte 2007 gestreckter und die Beinstellung nicht mehr o-beinig sein. Der Schwanz liegt dann nicht mehr auf dem Boden, sondern wird elegant angehoben. Fossile Dinosaurier-Fährten bewiesen nämlich, dass der Schwanz der Sauropoden im Gegensatz zu Krokodilen nicht am Boden eine Schwanzrinne hinterließ. Durch diese Änderungen wächst der Berliner Rekord-Dinosaurier noch ein wenig: Er wird ab Mitte 2007 etwa ein Meter größer sein als vorher.

Das Berliner Naturkundemuseum wird innerhalb der nächsten zwei Jahre modernen konservatorischen Anforderungen für die wertvollen Sammlungen angepasst. Unter anderem erneuert man das Glasdach der historischen Saurierhalle, in der Brachiosaurus brancai und andere Dinosaurier präsentiert wurden. Um Beschädigungen zu vermeiden, werden die Giganten der Urzeit abmontiert. Im Museum liegen bereits Anfragen von Paläontologen aus aller Welt vor, welche die Berliner Brachiosaurus-Originalknochen untersuchen möchten.

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Quellen