Datenschützer: „Anti-Terror-Datei“ – im Prinzip ja, aber …

Artikelstatus: Fertig 19:05, 21. Aug. 2006 (CEST)
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Berlin (Deutschland), 21.08.2006 – Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat sich in einem Interview zu der aktuellen Diskussion zur Ausweitung der Videoüberwachung sowie die Einführung einer so genannten Antiterrordatei geäußert. Schaar lehnt einen uneingeschränkten Zugriff der Polizeibehörden auf die Daten der Nachrichtendienste ab. In der Frage der Videoüberwachung lehnte er eine Totalüberwachung zwar ab, sieht aber noch Spielräume für eine weitergehende Überwachung.

Schaar wandte sich vor allem gegen die pauschal vorgebrachte Forderung nach einer Ausweitung der Videoüberwachung. Der Einsatz dieser Überwachungstechnik sei in Abhängigkeit von der konkreten Gefährdungssituation zu entscheiden. Ein häufig effektiverer Schutz sei durch erhöhten Personaleinsatz zu gewährleisten: „Herrenlose Koffer werden normalerweise, wenn sie in Zügen sich befinden, nicht über Videokameras ausfindig gemacht, sondern über Personal.“ Eine Totalüberwachung mache aus seiner Sicht keinen Sinn. Man müsse sich Gedanken darüber machen, „welche Bereiche sind besonders gefährdet und dort dann gegebenenfalls auch eine Videoüberwachung durchführen“.

Zum Thema der seit einigen Wochen kontrovers diskutierten Einführung einer so genannten Antiterrordatei wandte Schaar sich gegen einen ungefilterten Zugang von Polizeibehörden zu den Datenbeständen der Geheimdienste. Sowohl unter Datenschutzgesichtspunkten als auch unter Hinweis auf die unterschiedlichen gesetzlichen Kompetenzen der verschiedenen Dienste und der Polizei sei ein uneingeschränkter Zugang aller Sicherheitsbehörden auf die Daten nicht vertretbar. Die letzte Entscheidung müsse bei den Nachrichtendiensten liegen, wenn entsprechende Anfragen von der Polizei gestellt würden: „Insofern bin ich für eine solche so genannte Indexdatei mit entsprechenden Hinweisen, wo dann die jeweilige Polizeibehörde, die sich dann stärker für eine Person interessiert, direkt an den Nachrichtendienst heran tritt und dann der Nachrichtendienst entscheidet, welche Informationen er dann weitergeben kann und welche nicht.“

Die Diskussion über eine Antiterrordatei geht zurück auf einen Gesetzentwurf zurzeit der rot-grünen Bundesregierung aus dem Jahre 2005. Eine Arbeitsgruppe aus SPD- und CDU-regierten Bundesländern hatte sich damals auf ein „Gesetz zur Errichtung einer gemeinsamen Datei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten“ geeinigt, das aber auf heftige Kritik seitens der Verfassungsschützer gestoßen war. Der Entwurf sah eine Volltextdatei vor und nicht – wie vom damaligen Innenminister Schily vorgeschlagen – eine so genannte Indexdatei, die nur Verweise auf vorliegende Informationen enthalten sollte. Geplant war eine Datei, die alle persönlichen Daten wie Adresse, Bankverbindungen und Telekommunikation enthält. In einer zentralen Datei sollten alle Infos der ganzen Palette bundesdeutscher Sicherheitsbehörden zusammenfließen. Dazu gehörten das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter, die Verfassungsschutzbehörden, der Militärische Abschirmdienst (MAD), der Bundesnachrichtendienst und die Zollkriminalämter.

Jens Puls, Leiter Konzernsicherheit der Deutschen Bahn AG, gab zum Stand der Videoüberwachung im Bereich der Deutschen Bahn heute eine Stellungnahme ab, in der er diese Technik als Bestandteil des Sicherheitskonzeptes der Bahn bezeichnete. Die Beschaffung weiterer Videotechnik zum Ausbau der Überwachung sei bereits geplant. Über Standorte und Installationstermine werde in Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden entschieden. Seit dem Jahr 2000 bestehe eine Sicherheitspartnerschaft mit der Bundespolizei, die sich bewährt habe. Es sei darüber hinaus daran gedacht, das Personal in den Zügen zu verstärken. Nach den jüngsten versuchten Bombenanschlägen von Köln, bei denen Bomben in Regionalzügen nach Dortmund und Hamm deponiert worden waren, sei das Sicherheitskonzept der Bahn in einem Punkt erweitert worden, erklärte Puls. So werde es zukünftig auch zu „vereinzelten Kontrollen von Gepäckstücken“ kommen, die von der Bundespolizei durchgeführt würden.

Innerhalb der Großen Koalition wurde diese Idee dann weiterverfolgt und nach den vereitelten Terroranschlägen von London wieder erneut belebt. Bundesinnenminister Schäuble (CDU) vertritt hierzu innerhalb der Koalition weitergehende Vorstellungen und hatte auf Abstimmungsprobleme innerhalb der Regierung verwiesen. Vorgesehen ist eine Beschlussfassung des Bundestages über ein entsprechendes Gesetz im Herbst. Die Grünen kündigten bereits unter bestimmten Bedingungen ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf an.

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Quellen