Bundesrat beratschlagt über Korrekturen bei Hartz IV

Berlin (Deutschland), 09.07.2005 - Der Bundesrat beratschlagte in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause unter anderem über die Verbesserung der Hartzgesetze in Bezug auf ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das Antidiskriminierungsgesetz, das Informationsfreiheitsgesetz, die Deutschkenntnisse von Schöffen sowie diverse Maßnahmen in Bezug auf Feinstaub und rußpartikelreduzierte PKW.

Den Vorsitz führte turnusgemäß Matthias Platzeck, der Ministerpräsident von Brandenburg.

Entsprechend der Empfehlungen der federführenden Ausschüsse wurden die Gesetzesbeschlüsse des SPD/Grüne dominierten Bundestages durch die CDU/FDP-Mehrheit im Bundesrat überwiegend abgelehnt und an den Vermittlungsausschuss verwiesen. Damit verfallen sie bei den angestrebten Wahlen im September und müssen wieder neu eingebracht werden.

Beschlüsse bis 12:00 Uhr

zugestimmt

  • 'Arbeitgeber': Durch das Beitragsentlastungsgesetz müssen Arbeitgeber die Sozialbeiträge zwei Wochen früher überweisen. Dies soll zu einer kurzfristigen Entlastung der Rentenkassen beitragen.
  • 'Börse': Manager börsennotierter Unternehmen müssen künftig ihr Jahresgehalt offenlegen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz).
  • 'Bundestag': Abgeordnete müssen ihre gesamten Einnahmen demnächst angeben. Diese werden veröffentlicht, um die Transparenz zu erhöhen. Sie dürfen bis auf Spenden keine Zuwendungen mehr ohne Gegenleistung annehmen.
  • 'Langzeitarbeitslose' dürfen künftig mehr hinzuverdienen. ALG-II-Empfänger dürfen pauschal 100,- € ohne Anrechnung behalten. Darüber beträgt der Freibetrag zehn Prozent von 101 bis 800 € und 20 Prozent von 801 bis 1200 €. Die absolute Obergrenze der Freibeträge beträgt normal 1200,- € und 1500,- € für Bedarfsgemeinschaften mit Kindern.
  • 'Straftäter': DNA-Fingerabdrücke sollen in Zukunft grundsätzlich erlaubt sein, wenn ein Verdächtiger öfter auffällig geworden ist und Wiederholungsgefahr besteht. Dabei ist gleichgültig, wie leicht oder schwer seine Taten waren.
  • '17-Jährige': dürfen in Begleitung von Aufsichtspersonen Auto fahren.

abgelehnt

  • 'ältere ALG I Empfänger': Verlängerung von ALG I und Erleichterung von befristeten Beschäftigungen für ältere Arbeitnehmer.
  • 'Opfer' von Diskriminierung nach der 'Antidiskriminierungsrichtlinie' werden vorerst nicht geschützt, da der von der Regierungskoalition beabsichtige Schutz weit über das von der EU-Richtlinie geforderte hinausging und nicht nur Benachteiligungen beim Zugang zu Waren und Dienstleistungen auf Grund der Rasse, der ethnischen Herkunft und des Geschlechts verbiete, sondern auch aufgrund von Religion oder Weltanschauung, Behinderung, des Alters oder sexueller Identität.
  • 'Freunde der Schönheit' dürfen künftig nicht mehr durch irreführende und suggestive Werbung zu 'Schönheitsoperationen' verlockt werden.

Vorschlag an den Bundestag

Der Bundesrat schlug dem Bundestag vor, „Zwangsheiraten“ als eigenen Straftatbestand anzuerkennen.

Hintergrundinformationen - besprochene Vorhaben

  • Die Hartz-Instrumente Förderung der beruflichen Weiterbildung älterer und von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitnehmer, der Vermittlungsgutschein, die Beauftragung von Trägern mit Eingliederungsmaßnahmen, die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer, die Regelung zur Tragung der Beiträge zur Arbeitsförderung bei Beschäftigung älterer Arbeitnehmer und der Existenzgründungszuschuss sollen verlängert werden.
  • Befristete Beschäftigungen nach langer Arbeitslosigkeit sollen erleichtert werden.
  • Das Informationsfreiheitsgesetz soll jedem Bürger erlauben, von jeder Behörde (bis auf z.B. sicherheitsrelevante Ausnahmen) Akteneinsicht verlangen zu können. Bisher ist das nur möglich, wenn man ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen kann.
  • In Bezug auf Feinstaub und PKW werden steuerliche Anreize, eine Kennzeichnung der PKW in Bezug auf ihre Emissionen sowie ein neues Verkehrszeichen zur Feinstaub-Emissionsbegrenzung diskutiert.
  • Besonders prekär ist die Änderung in Bezug auf Schöffen. Es soll ermöglicht werden, dass Schöffen abgelehnt werden können, wenn sie der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind. In der Vergangenheit war das aufgrund fehlender Gesetze nicht möglich und führte dazu, dass in manchen Prozessen Schöffen Urteile fällen mussten, ohne die vorherige Verhandlung verstanden zu haben.

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Quellen