Betreuungsgeld, „Pflege-Riester“ und Leistungsschutzrecht für Presseverleger sollen eingeführt werden
Veröffentlicht: 00:27, 6. Jun. 2012 (CEST) Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Berlin (Deutschland), 06.06.2012 – Die schwarz-gelben Regierungsparteien auf Bundesebene haben sich am 5. Juni 2012 bei einem Koalitionsgipfel darauf geeinigt, das umstrittene Betreuungsgeld als neue Sozialleistung zum Januar 2013 einzuführen. Das Bundesfinanzministerium hatte vorgeschlagen, das Betreuungsgeld erst ab Mitte 2013 auszuzahlen, wenn der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz greift. Nun wird es voraussichtlich schon ein halbes Jahr vorher gewährt. Beziehern von Arbeitslosengeld II wird die Leistung als Einkommen angerechnet, so dass sie dabei leer ausgehen.
Die FDP, die sich lange Zeit gegen die neue Leistung ausgesprochen hatte, stimmte der Einführung des Betreuungsgelds letztlich zu, nachdem die Union sich im Gegenzug bereit erklärt hatte, privat abgeschlossene Pflegeversicherungen mit fünf Euro monatlich zu fördern. Dieser in Anlehnung an die Riester-Rente sogenannte „Pflege-Riester“ in der Form einer Pflege-Tagegeldversicherung soll die Versorgungslücke schließen, die sich zwischen den tatsächlichen Pflegekosten und den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung auftut. Die Pflegeversicherung soll also nicht als Sozialversicherung weiter entwickelt werden, sondern durch eine private Zusatzversicherung ergänzt werden. Hierfür werden im ersten Jahr bis zu 100 Millionen Euro im Bundeshaushalt bereitgestellt. Unklar ist, ob nur neue oder auch Altverträge gefördert werden.
An dem Gespräch im Bundeskanzleramt hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Philipp Rösler (FDP) teilgenommen.
Über die Einführung eines Mindestlohns, den die CDU wünscht, gab es dagegen keine Einigung. Auch eine Autobahn-Maut für PKW, die die CSU befürwortet, und eine Frauenquote in den Vorständen von Aktiengesellschaften wird es weiterhin aufgrund der Weigerung der FDP nicht geben. FDP-Generalsekretär Patrick Döring hatte schon im Vorfeld des Treffens angekündigt: „Wenn die Union eine Mindestlohn-Maut-Frauenquoten-Politik will, dann kann sie dafür werben: im Wahlkampf.“ Andererseits konnten die Liberalen die Abschaffung der Praxisgebühr nicht durchsetzen.
Die Vorratsdatenspeicherung bleibt weiterhin ungeregelt, hieß es nach dem Treffen. Man wolle das bevorstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten. Die Europäische Kommission hat zwischenzeitlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof eingeleitet, weil die entsprechende Richtlinie nicht rechtzeitig in deutsches Recht umgesetzt worden war.
Dagegen soll noch vor der Sommerpause ein Gesetzentwurf zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage ins Parlament eingebracht werden.
Sozialverbände und Oppositionsparteien reagierten skeptisch bis abweisend gegenüber den Plänen zu den Gesetzgebungsvorhaben, die am 6. Juni 2012 im Bundeskabinett verabschiedet werden sollen. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, und die SPD-Politikerin Andrea Nahles wiesen darauf hin, dass sich nur Besserverdienende eine private Zusatz-Pflegeversicherung überhaupt leisten könnten. Nahles sagte im ARD-Morgenmagazin: „Diese fünf Euro nutzen nicht der privaten Vorsorge, sondern in erster Linie der Versicherungswirtschaft. Die Beiträge für eine private Zusatzversicherung können sich nur die Bessergestellten leisten. Das alles ist unter dem Strich so überflüssig wie ein Kropf.“ Die Verbindung von Betreuungsgeld und Pflegeförderung sei „ein schmutziger Deal“, sagte Nahles. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel nannte die Einigung im Deutschlandfunk einen „Kuhhandel“. Die SPD wolle versuchen, die Einführung des Betreuungsgelds über den Bundesrat zu verhindern. Der Vorsitzende des Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, forderte anstelle dessen eine solidarische Bürgerversicherung auch für die Pflege.
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BearbeitenQuellen
Bearbeiten- Süddeutsche Zeitung: „Döring provoziert mit Vorwürfen gegen die CSU“ (04.06.12)
- Spiegel Online: „Koalitionsgipfel. Merkels lange Ärger-Liste“ (04.06.12)
- Süddeutsche Zeitung: „Koalitionsgipfel im Kanzleramt. Deutsche sollen privat für Pflege vorsorgen“ (04.06.12)
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Koalitionsgipfel. Einig beim Ausgeben“ (04.06.12)
- Tagesschau: „Kritik am Pflegedeal in der Koalition“ (05.06.12)
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: „SPD will Betreuungsgeld im Bundesrat stoppen“ (05.06.12)