Australien: Überschwemmungen in Queensland, Hagel in Melbourne
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Sydney / Brisbane / Melbourne (Australien), 07.03.2010 – Ein „Jahrhundertunwetter“ ist am Samstag, dem 6. März über Melbourne und den Bundesstaat Victoria hinweggezogen. Nach Aussagen von Meteorologen gibt es in der Geschichte Melbournes kein vergleichbares Wetterereignis. So gingen bis zu zehn Zentimeter große Hagelkörner über der Stadt nieder. Viele Gebäude und Fahrzeuge wurden durch tennisballgroße Hagelkörner beschädigt, zahlreiche Personen im Freien wurden verletzt.
In Queensland, wo ein Gebiet fast so groß wie Bayern unter Wasser steht, sind viele Ortschaften von der Außenwelt abgeschnitten. Die meisten Flüsse sind über die Ufer getreten und haben neue Höchststände erreicht. Das National Climate Centre hat inzwischen bekannt gegeben, dass am Dienstag, dem 2. März, das größte Gebiet mit einer Regenmenge von mehr als 100 Millimetern seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Australien beobachtet wurde. Bis zum 3. März seien in Queensland und dem Northern Territory 403 Kubikkilometer Regen gefallen.
- Unwetter in Victoria
Mehr als 100.000 Haushalte waren während des Unwetters in Melbourne ohne Strom. Der Ausfall von mehr als 100 Ampelanlagen führte zu einem Verkehrschaos. Viele Bauwerke wurden beschädigt, darunter das Docklands Stadium und die Southern Cross Railway Station. Die Unterführungen des Bahnhofes an der Flinders Street liefen voll. Die Feuerwehr wurde innerhalb von drei Stunden zu rund 300 Einsätzen gerufen.
Der Bahnhof wird für einige Zeit geschlossen bleiben, teilte der Ministerpräsident Victorias, John Brumby mit, da die Hagelkörner Löcher in das Dach geschlagen haben. Das Dach des Arts Centres ist unter der Last der Hagelkörner eingebrochen und große Mengen Regen drangen in das Alfred Hospital, das Aquarium und in die Nationalgalerie Victorias ein. „Es gab keine gemeldeten Opfer oder schwere Verletzungen. Dafür sind wir dankbar“, sagte Brumby. Acht Polizeireviere und 20 Schulen wurden beschädigt.
Mehrere Einkaufszentren mussten wegen Überflutungen geräumt werden. Viele Besucher eines Festivals in Alexander Gardens konnten keinen Unterstand finden und wurden verletzt. Der Australia Cup, ein Pferderennen in Flemington musste abgebrochen werden. Ein Rennpferd wurde durch Hagel schwer verletzt. Bis zum Samstagabend verzeichneten die Zivilschutzbehörden mehr als 2500 Notrufe.
Das australische Bureau of Meteorology hat aufgrund der hohen Temperaturen weitere Gewitterwarnungen ausgegeben hat. Die Tagestemperatur in Melbourne betrug am Samstag rund 26° Celsius und die von der Großen Australischen Bucht hereinströmenden kühleren Luftmassen erhöhen das Gewitterrisiko.
Doch am stärksten von dem Unwetter betroffen waren nicht die Hauptstadt des Bundesstaates, sondern das Gebiet zwischen Deniliquin und dem Murray River, an der Grenze zu New South Wales. In Deniliquin fielen 30 Millimeter Regen innerhalb einer Stunde – das entspricht dem dortigen monatlichen Mittelwert –, aus Murchison wurden 36 Millimeter innerhalb einer halben Stunden gemeldet. Die höchste Niederschlagsmenge wurde mit 67 Millimetern aus Maribyrnong gemeldet. In Numurkah und Shepparton traten Sturzfluten auf. Betroffen von dem Unwetter waren auch Castlemaine, Mansfield, Seymour und Yarrawonga.
In Melbourne fielen bis zu 33 Millimeter Niederschlag. Dies sei jedoch nicht ausreichend, um die Wasserspeicher zu füllen. Wie Andrew McGinnes von Melbourne Water erklärte, ist dazu mehr als ein einzelner Regenguss erforderlich. Die Wasserspeicher auffüllen könne nur länger anhaltender Regen. Derzeit sind die Wasserspeicher Melbournes zu 34,6 Prozent ihres Fassungsvermögens gefüllt. Der größte dieser Stauseen an der Thomson-Talsperre hält jedoch nur 21,3 Prozent seines möglichen Wasservolumens.
- Rekordflut in Queensland
Die meisten Flüsse in Queensland haben ihre Betten verlassen und viele erreichten Wasserstände wie niemals zuvor. Einige der von den Wassermassen eingeschlossenen Bewohner mussten von Hubschraubern aus mit Nahrungsmitteln versorgt werden. In St George, 500 Kilometer westlich von Brisbane gelegen, hatten die Behörden am Samstag noch befürchtet, der Balonne River könne mit einer Höhe von über 14 Metern erreichen und so 80 Prozent der Stadt überfluten würde. In Manchen Häusern stand das Wasser 150 Zentimeter hoch. Man bereitete sich darauf vor, die Hälfte der 3000 Bewohner des Ortes in Notunterkünften unterzubringen. Auf dem Luftweg wurden viertausend Sandsäcke in die abgeschnittene Stadt gebracht. Der Ballone River kulminierte jedoch rund einen halben Meter unter der erwarteten Marke bei 13,5 Meter. Das war jedoch immer noch der höchste Stand seit dem Beginn der Aufzeichnungen in St George im Jahr 1890. Somit blieb es bei den zwei Dutzend überfluteten Häusern in der Stadt.
„Direkt vor meinem Fenster ist etwas, was an den Mississippi River erinnert“, kommentierte das Mitglied des Senats und Finanzsprecher der Opposition, Barnaby Joyce, dessen Familie in St George wohnt.
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Lage der besonders betroffenen Orte |
Die Vorsteherin des Balonne Shires, Donna Stewart, sagte, dass die beiden bei St George zusammenfließenden Flüsse Balonne River und Maranoa River in bekannter Zeit noch nie gleichzeitig Hochwasser führten. St George habe jedoch das Schlimmste überstanden.
Nun konzentrieren sich die Behörden auf die südlich von St George liegenden Orte. In Bollon strömt das Wasser an drei Stellen durch die Ortschaft und in Thallon hat der Moonie River die Deichkrone überschritten und einige Häuser unter Wasser gesetzt. In Dirranbandi wartet man auf die Hochwasserwelle des Balonne Rivers.
Nach neuerlichen Regenfällen ist der Bungil Creek in Roma wieder am Steigen und überschwemmte erneut Straßen und Wege, die erst einige Stunden zuvor trocken gefallen waren. Die erneute Überschwemmung von Häusern wurde hier jedoch nicht erwartet.
Sorgen machte den Behörden auch Theodore im Zentrum von Queensland, wo der Höchststand des Dawson Rivers bei 13 Metern erwartet wurde. 3000 Sandsäcke wurden von außerhalb hier her gebracht.
Auch in Cunnamulla, 800 km westlich von Brisbane, näherte sich der Warrego River der Zehn-Meter-Marke. Hier sind die Deiche auf einen Wasserstand von elf Meter ausgelegt. Die Behörden befürchten 13,2 Meter. Gefährdet sind ebenfalls Thargomindah im Westen des Bundesstaates und Moura westlich von Gladstone sowie Dirranbandi an der Grenze zu New South Wales.
Westlich von Cunnamulla hat der Paroo River die Ortschaft Eulo von der Außenwelt abgeschnitten. Hier wird der Höchststand mit etwa sechs Metern im Verlauf des 7. März erwartet.
Unklar sind noch die Auswirkungen auf die Schafherden. Mehr als zwei Millionen Tiere grasen normalerweise im Südwesten des Bundesstaates. Brent Finlay, ein Sprecher des Schafzuchtunternehmens AgForce, sagte der Presse, man hoffe, dass sich die Tiere auf höheres Gelände retten konnten. Er war jedoch zuversichtlich, da die Tiere gesund und stark seien. Gewaltige Wassermengen würden dem von Trockenheit geplagten Murray-Darling-Becken im südlich benachbarten Bundesstaat New South Wales zufließen. „Man sagt, man braucht Queensland, um den Murray-Darling zu retten. Es sieht aus, als hätten wir das getan.“
In Charleville sind die Aufräumarbeiten inzwischen in vollem Gange, obwohl Bradley's Gully noch in einigen Straßen und Häusern steht. Regen ist in der Nacht zum Samstag nicht mehr gefallen. Manche Bewohner sortieren die Überreste ihrer persönlichen Habe, andere besitzen nichts mehr. „Die Menschen verlieren kostbare Fotos; sie verlieren persönliche Gegenstände. Das ist die Sorte Sachen, die kein Geld ersetzen kann. Wir wissen auch, dass manche Vieh und Weidezäune einbüßen“, erklärte Brooke Winters, die regionale Direktorin des Ministeriums für Gemeindeangelegenheiten.
Das Parlamentsmitglied Bruce Scott aus Roma sagte, die Flut habe mindestens 500 Kilometer Weidezäune zerstört und große Mengen Vieh mit sich genommen. In Roma waren 200 Häuser überflutet. Hier war das Wasser bereits am Fallen.
Anna Bligh, die Ministerpräsidentin von Queensland, forderte die Versicherungsunternehmen auf, Schadensfälle großzügig und rasch abzuwickeln. Blighs Appell kam nach dem Bekanntwerden der Nachricht, dass manchen Bewohnern Charlevilles der Versicherungsanspruch abgesprochen wurde, weil die Versicherungsunternehmen das Ereignis als Regenguss und nicht als Überschwemmung ansehen.
Bligh befürchtet auch negative Auswirkungen der Flutkatastrophe auf den Haushalt des Bundesstaates. Der Schaden werde hunderte von Millionen Australischer Dollar betragen. Die Premierministerin berichtete, sie habe weggespülte Eisenbahnlinien und unterbrochene Straßen gesehen.
Ein Risiko birgt auch die zu erwartende Moskitoplage. Die Insekten finden in den Überflutungsgebiete ideale Brutbedingungen vor. Sie bedeuten ein Krankheitsrisiko für die Bewohner. Zwar droht kein Denguefieber, aber das Ross-River-Virus und das Barmah-Forest-Virus stellen eine Gefahr da.
Doch Senator Joyce glaubt fest daran, dass die Nachwirkungen der Flut die Unannehmlichkeiten aufwiegen: „Wasser ist Geld, Wasser ist Wolle, Wasser ist Gemüse, Wasser ist Weizen, Wasser ist Vieh. [Die Flut] wird über die nächsten Jahre verteilt eine Milliarde Dollar bringen, von Surat bis Dirranbandi. Das bedeutet wirtschaftlichen Wohlstand für den Staat und Hilfe für die Nation.“
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Quellen
- Victoria
- abc.net.au: „Wild storms sweep across Victoria“ (07.03.2010)
- heraldsun.com.au: „Victorians warned of further fierce storms, hail“ (07.03.2010)
- news.smh.com.au: „Victorians mop up, brace for more storms“ (07.03.2010)
- theage.com.au: „Storm brings chaos to Melbourne“ (07.03.2010)
- theage.com.au: „Victoria warned to brace for more severe storms“ (07.03.2010)
- theage.com.au: „Storm hasn't lifted catchments yet: Melbourne Water“ (07.03.2010)
- Queensland
- abc.net.au: „Fears for children amid record flooding“ (06.03.2010)
- heraldsun.com.au: „Massive flood to hit Queensland bush town of St George“ (06.03.2010)
- couriermail.com.au: „St George, Charleville swamped by a mighty inland sea“ (06.03.2010)
- news.smh.com.au: „Thousands flee Queensland floodwaters“ (05.03.2010)
- news.smh.com.au: „Flood-ravaged Qld faces huge damage bill“ (07.03.2010)
- couriermail.com.au: „Towns wait grimly as floodwaters wind their way through the bush“ (07.03.2010)