Anklageverlesung gegen Attentäter Anders Behring Breivik

Veröffentlicht: 17:31, 9. Mär. 2012 (CET)
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Oslo (Norwegen), 09.03.2012 – In Oslo wurde am Mittwoch die Anklageschrift gegen den mutmaßlichen Attentäter Anders Behring Breivik verlesen. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Breivik, zunächst in Oslo durch eine Autobombe acht Menschen ermordet zu haben und danach auf der Insel Utöya 69 weitere, zumeist junge Menschen erschossen zu haben. Auf der Insel fand damals ein Sommerlager der norwegischen Arbeiterpartei statt. Breivik nahm die Anklage ruhig entgegen. Die Anklage wirft Breivik in der 19 Seiten langen Anklageschrift „Terrorakte“ und „vorsätzliche Tötung“ vor. Nach Angaben von Staatsanwältin Inga Bejer Engh waren 34 der 69 Opfer auf Utöya zwischen 14 und 17 Jahre alt, nur sieben von ihnen waren älter als 25 Jahre. 33 weitere Menschen hatte Breivik mit Schüssen verletzt. Insgesamt tötete Breivik 77 Menschen.

Das Regierungsviertel in Oslo kurz nach dem Bombenanschlag Breiviks

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Breivik zur Tatzeit unzurechnungsfähig war. Dies belege ein Gutachten, so die Staatsanwaltschaft, das im vergangenen November angefertigt wurde und Breivik „paranoide Schizophrenie“ attestiert. Allerdings will sich die Staatsanwaltschaft vorbehalten, eine normale Haftstrafe zu verlangen, sofern sich neue Erkenntnisse ergeben. Angehörige der Opfer hatten durchgesetzt, dass ein zweites Gutachten angefertigt wird; dieses soll bis zum 10. April vorliegen. Der Prozess gegen Breivik soll am 16. April beginnen.

Breivik selbst hat sich für zurechnungsfähig erklärt. Sein Anwalt Geir Lippestad sagte im norwegischen Fernsehen, sein Mandant sei „enttäuscht“, dass die Staatsanwaltschaft ihn nicht für zurechnungsfähig halte und ihn in eine psychiatrische Anstalt sperren wolle. Breivik „hält sich für straffähig“, so Lippestad. Breivik hatte die Tat gestanden, erklärte sich jedoch für nicht schuldig. In den Verhören hatte Breivik seine Opfer als „Verräter“ bezeichnet, denen die schleichende Islamisierung des Landes zuzuschreiben sei.

Breivik, der bisherige Anhörungen dazu nutzte, sich selbst darzustellen und seinen Kreuzzug gegen die „muslimische Invasion“ Europas und die multikulturelle Gesellschaft zu propagieren, drohen 21 Jahre Haft und nachfolgende Verwahrung. Diese könnte nachfolgend immer wieder verlängert werden, falls Breivik noch als gefährlich gälte.

Unterdessen haben französische und norwegische Polizisten in Carcassonne den Vater des Attentäters befragt. Er sollte Auskunft geben über das Verhältnis zu seinem Sohn und über dessen Kindheit. Der frühere Diplomat Jens Breivik lebt seit seiner Pensionierung in Südfrankreich.

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  In der Wikipedia gibt es den weiterführenden Artikel „Anschläge in Norwegen 2011“.