Afghanistan: „Während der Wahl wurde von allen Seiten betrogen“

Veröffentlicht: 22.09.2014, 16:52 (CEST)
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Kabul (Afghanistan), 22.09.2014 – Zwei Wahlgänge, monatelange Streitereien über gefälschte Stimmen und Drohungen zur Nichtanerkennung des Wahlergebnisses durch Abdullah Abdullah gingen am Sonntag zu Ende, als die beiden Bewerber um das Amt des afghanischen Präsidenten einen Kompromiss unterzeichneten, der Ashraf Ghani das Präsidentenamt und Abdudllah das Recht zur Entscheidung über den zweiten Mann im Staat und eine große Anzahl von Ministern gibt.

Knapp zehn Minuten dauerte die im afghanischen Fernsehen übertragene Zeremonie, die eigentlich nur ein Nebenereignis war und doch von so großer Bedeutung, denn nur sie machte den Weg frei für die Bekanntgabe des seit Tagen feststehenden Ergebnisses der unter Aufsicht der UN durchgeführten Nachzählung, das unter Drohungen Abdullahs zurückgehalten worden war.

Selbst über scheinbar unwichtige Details der Übereinkunft war bis zuletzt hart gerungen worden. Soll man die Zahlen zu Wahlbeteiligung, die jeweiligen Stimmen für jeden Kandidaten und die so hart umstrittene Anzahl der ungültigen Stimmen bekanntgeben? Wer wirklich der Sieger der Wahlen ist, das bleibt jetzt jedoch weiterhin ungewiss. Ahmad Yousaf Nuristani, der Vorsitzende der Wahlkommission, sagte vor der versammelten Presse schließlich nur, dass die Kommission Ghani zum Präsidenten erkläre und der Vorgang damit beendet sei. Auf Nachfragen und sozusagen nicht als offiziellem Teil der Bekanntgabe erklärte er Reportern dann, dass es bei der Wahl Betrug von allen Seiten gegeben habe, was die Menschen sehr beunruhige.

Zu brisant sind die Zahlen, die die Spaltung des multiethnischen Landes allzu deutlich machen würden. Während der Paschtune Ghani den Großteil der ethnischen Mehrheit und vor allem den Süden des Landes hinter sich versammeln könnte, hat Abdullah seine Machtbasis im Norden des Landes. Das genaue Wahlergebnis könnte einen neuen Bürgerkrieg auslösen, ist die unausgesprochene Angst aller Beobachter und der Beteiligten selbst. Aber Afghanistan ist zu wichtig im Kampf gegen den islamistischen Terror in der Welt, als dass man dies riskieren will. Dafür setzen sich vor allem die USA ein, die bereits auf ein neues Abkommen zur weiteren Stationierung von nunmehr alleine amerikanischen Truppen im Land noch in dieser Woche spekulieren. Dies war das Anliegen der USA, die stellvertretend für eine breite internationale Interessengemeinschaft, die am Ende des Wahlprozesses interessiert war, sehr viel Druck auf die Afghanen ausübte. Wie und ob die neue Machtteilung wirklich funktioniert, das weiß dabei aber keiner. Aber von ihr hängt letztendlich auch der Erfolg jeder Anti-Terrormission im Land ab.


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