Zwei Unternehmen offerieren Online-Analyse des Erbguts – Kritiker warnen vor Risiken

Veröffentlicht: 11:42, 25. Jan. 2008 (CET)
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Mountain View (Vereinigte Staaten) / Reykjavík (Island), 24.01.2008 – Mit dem amerikanischen Startup „23andMe“ und dem isländischen Unternehmen „Decode Genetics“ bieten seit Anfang November gleich zwei Firmen die Analyse des individuellen Erbguts von Privatkunden an. Während „23andMe“ zunächst nur die Vereinigten Staaten bediente, wurde der Dienst der Isländer unter der Marke „deCODEme“ von Anfang an weltweit angeboten. In beiden Fällen schickt der Kunde eine Speichelprobe an den jeweiligen Anbieter. Laut Linda Avey, Mitgründerin von „23andMe“, ist hierbei die nicht ganz geringe Menge von mindestens zwei Millilitern Speichel notwendig. Die zu entrichtenden Kosten für die Analyse betragen in beiden Fällen rund 1.000 US-Dollar (etwa 680 Euro).

Computergrafik eines Teils eines Erbgutstrangs

Die eingeschickte Speichelprobe wird dann analysiert, und nach einigen Wochen stehen die Ergebnisse zum Abruf auf der Webseite bereit. Hierbei kann der Kunde ähnlich wie mit einer Suchmaschine sein Erbgut in Eigenregie untersuchen. So kann er zum Beispiel sein persönliches Risiko erfahren, etwa an Darmkrebs oder Diabetes zu erkranken. Die Unternehmen versprechen zudem die Ergänzung weiterer Abfragen, sobald neue Zusammenhänge zwischen bestimmten Genkonstellationen und Krankheiten bekannt würden. Ob bei dem jeweiligen Kunden dann allerdings tatsächlich die durch sein Erbgut prädestiniert erscheinenden Krankheiten auftreten, ist indes nicht gesichert, sondern hängt von vielen weiteren Faktoren ab. Der Gentechnikforscher Craig Venter bezeichnete die Angebote als seriös, sagte aber, dass die Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten seien. Wer ein persönliches Risiko für eine Erkrankung entdecke, solle einen Experten zu Rate ziehen.

Bedenken gibt es auch beim Datenschutz: So planen die Anbieter die Weitergabe des analysierten Erbguts an Forschungsinstitute oder Pharmaunternehmen – dies soll allerdings anonymisiert geschehen. Der Berliner Hacker Felix von Leitner wies zudem darauf hin, dass die Frau von Sergey Brin, einem der Gründer der Suchmaschine Google – die auch Finanzier des Startups ist –, an „23andMe“ beteiligt sei. Von Leitner, der Google als „übelste Datenkrake der Welt“ bezeichnete, äußerte Bedenken, dass die Daten womöglich zu einem späteren Zeitpunkt mit anderen von Google erfassten Daten ihrer Nutzer verknüpft werden könnten. Auch der als „Don Alphonso“ bekannte Blogger Rainer Meyer äußerte sich negativ. So kritisierte er, dass dem Unternehmen auf der Konferenz „Digital, Life, Design“ (DLD) eine Plattform zur Vorstellung des Angebots gegeben wurde. Er bezeichnete die Datenschutzgrundsätze des Unternehmens als „windig“, da unter anderem von einer Weitergabe der Gendaten („share“) die Rede sei. Beide Blogger sehen das Risiko, dass Nutzer des Dienstes allzu sorglos mit ihren Gendaten umgehen könnten. Genpionier Venter ist unterdessen schon einen Schritt weiter: Er hat bereits sein komplett analysiertes Erbmaterial frei verfügbar in das Internet eingestellt.

Quellen