YPF-Verstaatlichung führt zu Streit zwischen Madrid und Buenos Aires

Veröffentlicht: 19.04.2012
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Buenos Aires (Argentinien) / Madrid (Spanien), 19.04.2012 – Die Pläne der argentinischen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, den größten Teil des durch das spanische Unternehmen Repsol YPF gehaltenen Anteil an dem argentinischen Mineralölunternehmen YPF zu verstaatlichen, hat zu scharfer Rhetorik durch die spanische Regierung geführt. Argentinien habe „sich selbst in den Fuß geschossen“ und die Beziehungen beider Staaten beschädigt, verkündete der spanische Außenminister José Manuel García-Margallo. Ministerpräsident Mariano Rajoy bezeichnete die argentinischen Maßnahmen bei einem Staatsbesuch im mexikanischen Puerto Vallerta als „feindselig“ und „ohne Rechtfertigung, ohne jeglichen wirtschaftlichen Grund“ vorgenommen, kündigte „Vergeltung“ an und beschuldigte Argentinien, für „vergiftete Beziehungen“ der beiden Staaten verantwortlich zu sein.

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In den Streit hat sich auch EU-Kommissionspräsident Jośe Barroso eingeschaltet, der sich von der argentinischen Regierung „ernsthaft enttäuscht“ zeigte. Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, erklärte, die argentinischen Pläne würden ein „sehr schlechtes Signal“ an ausländische Investoren senden. „Die Maßnahme schafft rechtliche Unsicherheit für alle Unternehmen aus der Europäischen Union und dem Ausland in dem Land“ und die Europäische Union würde alle möglichen Reaktionen prüfen. Der britische Außenminister William Hague sagte, dass Argentinien die Verpflichtungen verletze, die es gegenüber den G-20-Staaten eingegangen sei, insbesondere hinsichtlich der Verstärkung der Transparenz und der Verringerung des Protektionismus.

Argentiniens Staatspräsidentin hat die Kritik scharf zurückgewiesen. „Diese Präsidentin wird nicht auf irgendwelche Drohungen antworten… weil ich das argentinische Volk repräsentiere“, sagte sie. „Ich bin das Staatsoberhaupt, kein Halunke.“ Zwar muß der argentinische Kongress der Enteignung noch zustimmen, doch die argentinische Regierung hat bereits mit sofortiger Wirkung die Kontrolle von YPF übernommen. Die Geschäftsführung übernahm der stellvertretende Wirtschaftsminister Axel Kicillof. Die spanischen Manager des Konzerns hat die Regierung des Landes verwiesen.

Die argentinische Regierung hatte ihren Schritt damit begründet, YPF Repsol habe zuwenig in Argentinien investiert und zu wenig zur Erschließung der nationalen Ressourcen Argentiniens getan. Deswegen müsse das Land teuren Treibstoff aus dem Ausland einführen. Die Verstaatlichung diene dazu, die eigene Souveränität über Naturresourcen zurückzuerlangen. Ungeachtet der Aussagen der argentinischen Staatspräsidentin hatte Repsol unlängst in der Region Vaca Muerta im Westen des Landes die größten bisher weltweit bekannten Ölschiefervorkommen entdeckt.

Repsol YPF besaß bislang einen Anteil von 57,4 Prozent an dem früheren staatlichen Mineralunternehmen YPF, das während der Regierungszeit von Präsident Carlos Menem 1999 privatisiert worden war. Der Rest der Anteile befindet sich im Besitz der argentinischen Grupo Petersen (25,5 Prozent), der argentinischen Regierung (0,02 Prozent) sowie im börsengehandelten Streubesitz. Nach den Plänen der Regierung in Buenos Aires sollen 51 Prozent des Unternehmens so enteignet werden, dass der Anteil des spanischen Unternehmens Repsol YPF an dem argentinischen Unternehmen nur noch 6,4 Prozent beträgt. Die verstaatlichten Anteile sollen zwischen der argentinischen Bundesregierung und den Provinzregierungen aufgeteilt werden. Petersen und die börsengehandelten Anteile sollen von der Enteignung nicht betroffen sein.

Nach der Ankündigung der Verstaatlichung sind die Aktien von Repsol YPF (ISIN: ES0173516115) im Börsenhandel am Dienstag am Dienstag um sieben Prozent gefallen. Repsol YPF macht etwa ein Viertel seines Umsatze mit YPF. Rund 21 Prozent des Nettogewinns und 33,7 Prozent der Investitionen des Unternehmens werden nach Angaben von Repsol-Vorstand Antonio Brufau in Argentinien getätigt. Kirchner wolle mit der Verstaatlichung von den wirtschaftlichen und sozialen Problemen ihres Landes ablenken, sagte Brufau. Repsol hat angekündigt, eine Entschädigung in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar zu verlangen. Mach Angaben von Kicillof werden Argentinien Repsol nicht in dieser Höhe entschädigen.

Spanien und Argentinien haben traditionell gute Wirtschaftsbeziehungen. Unter anderem sind die beiden nach Marktkapitalisierung größten spanischen Unternehmen, Mobilfunkbetreiber Telefónica (ISIN: ES0178430E18) und die Großbank Santander (ISIN: ES0113900J37) stark in Argentinien engagiert. Präsidentin Kirchner hatte Investoren in dem südamerikanischen Land schon früher geschockt, etwa mit der Verstaatlichung privater Pensionsversicherungen und der Fluggesellschaft Aerolíneas Argentinas.


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