Wieder Tote durch Taifun auf den Philippinen

Veröffentlicht: 01:16, 6. Okt. 2009 (CEST)
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Manila (Philippinen), 06.10.2009 – Nur eine Woche nach dem Durchzug des Tropensturms „Ketsana“ wurden die Philippinen durch Taifun „Parma“ heimgesucht. Auch dieser traf auf die im Norden des Inselstaates gelegene Hauptinsel Luzon, auf der noch nicht die Folgen des früheren Sturmes beseitigt wurden. Der Sturm war mit andauernden Windgeschwindigkeiten von 175 Kilometern pro Stunde über die Insel gefegt. Mindestens 16 Personen starben durch Erdrutsche und Überflutungen, die der Taifun im Norden Luzons auslöste. Diese Zahl kann noch steigen, weil noch nicht alle Bezirke ihre Schadensmeldungen komplettiert haben.

Taifun „Parma“ am 1. Oktober

Nach Polizeiangaben kam in der Provinz Benguet eine fünfköpfige Familie ums Leben, als ihr Haus von einem Erdrutsch verschüttet wurde. Bei einem ähnlichen Zwischenfall in einem Dorf in der Nähe starben sieben Menschen. An der Mündung des Flusses Cagayan wurden 14 Dörfer so stark überflutet, dass die Bewohner auf den Dächern ihrer Häuser Zuflucht suchen mussten, meldete der Bürgermeister der Stadt Aparri, Ismael Tumaru, der Nachrichtenagentur Associated Press über ein Mobiltelefon. Die taiwanische Küstenwache teilte mit, dass in der Formosastraße unweit der Bashistraße das unter der Flagge Panamas fahrende Schiff „Silver Sea“ untergegangen sei. Zehn der vierzehn Besatzungsmitglieder werden vermisst, drei konnten gerettet werden, ein weiteres Besatzungsmitglied kam ums Leben.

Nach den Angaben der philippinischen Katastrophenschutzbehörde waren am Sonntag, dem 4. Oktober, um 16:00 Uhr Ortszeit noch 152.776 Personen in 492 Gemeinden wegen des Taifuns evakuiert. Weitere 317.660 Menschen befanden sich noch infolge der Auswirkungen durch „Ketsana“ in Notunterkünften. Dieser Sturm hatte eine Woche zuvor vor allem den Großraum Manila in Mitleidenschaft gezogen und mindestens 288 Menschenleben gefordert. Weitere 42 Bewohner der Philippinen werden aufgrund dieses früheren Sturmes noch vermisst. Viele Bereiche Manilas und im Osten Luzons sind immer noch überschwemmt. In Vietnam forderte „Ketsana“ 162 Opfer, 18 Tote wurden aus Kambodscha gemeldet, und mindestens 16 Personen starben durch die Auswirkungen des Sturmes in Laos.

Der neue Taifun hatte Manila verschont und war weiter nach Norden gezogen. Dennoch fielen in manchen Gebieten an der Ostküste Luzons erhebliche Mengen an Regen; in der Provinz Yilan fielen am 4. und 5. Oktober insgesamt 750 Millimeter Niederschlag – mehr als in vielen Gegenden Deutschlands innerhalb eines ganzen Jahres. Das staatliche meteorologische Amt PAGASA teilte mit, dass im selben Zeitraum in Laoag City, der Hauptstadt der Provinz Illocos Norte, und Umgebung rund 400 Millimeter Regen und im etwa 100 Kilometer weiter südlich gelegenen Vigan (Illocos Sur) rund 420 Millimeter Regen gefallen seien.

Viele der Betroffenen machen die Regierung für Fehler verantwortlich, durch die die Tragödie verstärkt wurde. Der Stadtplaner und Architekt Felino Palafox stellte in der Tageszeitung „Philippine Daily Inquirer“ heraus, dass die Philippinen veraltete Bauvorschriften und Baustandards habe, welche die Ursache der Katastrophe sein könnten. „Dies ist nicht ein Akt Gottes, sondern eine Akt der Versäumnis durch den Menschen“, sagte er. In Marikina City etwa ist nach Ansicht von Bürgermeisterin Marides Fernando der Teil der Stadt, in dem sich die Kirche befindet – hier ertrank eine Person – ein Sinnbild für die Probleme. Der größte Teil der Stadt wurde in den 1960-er Jahren erbaut, als die Bevölkerung Manilas stark anstieg und man wie in vielen Großstädten Asiens Belange der Raumplanung kaum beachtete. Natürliche Wasserläufe wurden zugeschüttet und die Überflutungsgebiete der Bergbäche beschnitten. Fernando beklagte, sie habe nicht die Macht, die Umsiedlung der Bewohner durchzusetzen. „Wenn man das Gesetz umsetzen will und dazu gewaltsame Mittel anwenden muss, bezeichnen sie einen als Hitler oder als Diktator.“ Nach ihren Worten hätte das Gebiet um die Kirche gar nicht erst gebaut werden dürfen. Gloria Arroyo hat am 3. Oktober die dauerhafte Umsiedlung tausender Familien angeordnet, die zu nahe an den Ufern der Flüsse siedeln.

Am gleichen Tag entschied Präsidentin Arroyo auch, die Rückzahlung von staatlichen Pensionsfonds für ein Jahr auszusetzen, um so 32 Milliarden Pesos freizumachen. Unterdessen wurde ein Nachtragshaushalt in Höhe von 10 Milliarden Pesos auf den Weg gebracht, wodurch sich das Haushaltsdefizit auf 260 Milliarden Persos erhöht. Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass die Schadensbeseitigung das von der Regierung ursprünglich für 2009 angenommene Wirtschaftswachstum von 0,8 bis 1,8 Prozent um 0,1 Prozentpunkte verringert. Die philippinische Filiale der Citibank hat angekündigt, die Fälligkeit von Kreditraten und Kreditkarten um 30 Tage auszusetzen.

Kurz vor der Ernte stehende Felder stehen unter Wasser
Foto: International Rice Research Institute

Bellaflor Angara, Gouverneurin der Provinz Aurora, sagte in einem Lokalradio, der Regen habe die dortigen Reisfelder schwer beschädigt. Man arbeite eifrig an der Beseitigung der Schäden, viele Reisfelder stünden jedoch unter Wasser, wodurch in den nächsten Monaten mit Versorgungsengpässen zu rechnen sei. Die von „Ketsana“ in der Landwirtschaft verursachten Schäden werden inzwischen mit 6,5 Milliarden Philippinischen Pesos (rund 95 Millionen Euro) angegeben. Landwirtschaftminister Arthur Yap erklärte in einem Radiointerview, es gebe bis zum Jahresende keinen Engpass an Reis, allerdings müsse das Land im ersten Halbjahr 2010 möglicherweise Reis einführen, damit es nicht zur Knappheit komme. 2009 haben die Philippinen 1,775 Millionen Tonnen Reis eingeführt. Im Jahr zuvor war es die Rekordmenge von 2,3 Millionen Tonnen gewesen, was zu einem starken Anstieg der Weltmarktpreise für Reis beigetragen hatte. Für die Philippinen traditionelle Reis-Lieferländer sind vor allem Vietnam und Thailand. Allerdings erzeugen die Philippinen rund 90 Prozent des jährlich konsumierten Reises selbst, sagte der Minister. Der Durchzug von „Ketsana“ und „Parma“ hat nach Angaben aus dem Landwirtschaftsministerium etwa 300.000 Tonnen Reis vernichtet. Das entspreche dem Verbrauch von fünf Tagen. „Wir warten nun darauf, dass der Wasserstand sinkt, und werden das Ausmaß der Schäden auf die Reisbauern feststellen“, so Minister Yap. Falls erforderlich, werde die Regierung den Reisbauern Samen zur Verfügung stellen. Ursprünglich rechnete man damit, dass im vierten Quartal 2009 6,48 Millionen Tonnen Reis geerntet würden, vier Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. In den Monaten Oktober bis Dezember wird auf den Philippinen üblicherweise die größte Menge Reis geerntet.

Bei diesem Erdrutsch im Arayat Nationalpark kamen am 26. September zwölf Personen ums Leben.

Die Behörden Taiwans hatten im Süden der Insel 6.852 Menschen in Sicherheit bringen lassen, vor allem in den Kreisen Pingtung und Kaohsiung. Mehrere Flussläufe waren durch Regenfälle aus den Ausläufern des herannahenden Sturmtiefs bereits stark angeschwollen. Andrew Cheng, ein Angehöriger der nationalen Katastrophenschutzkommission, bezeichnete die nächsten 24 bis 48 Stunden gegenüber Agence France-Presse als kritisch. Es komme darauf an, wie viele Niederschläge Taifun „Parma“ nach Taiwan führe. Die Insel war im August von einem Taifun betroffen, dem mehrere hundert Menschen zum Opfer gefallen waren. Dabei war die Regierung von Taiwans Präsident Ma Ying-jeou heftig kritisiert worden und unter Druck geraten. Der Flugverkehr wurde aus Sicherheitsgründen teilweise eingestellt, so dass es zur Streichung oder Verspätung von 55 internationalen Flügen kam. Das Zentrum des Taifuns war um 3:15 Uhr MESZ am Morgen des 5. Oktobers noch rund 250 Kilometer von der Südspitze Taiwans entfernt.

Die neuesten Wetterberichte gingen jedoch davon aus, dass Taifun „Parma“ durch den sich annähernden Taifuns „Melor“ eine Wende macht und bis Donnerstag, den 8. Oktober fast stationär vor der Küste bei der Laoag City im äußersten Nordwesten Luzons verbleibt. Dadurch gehen weiterhin massive und dauerhafte Regenfälle auf der Insel nieder, die zu weiteren Schäden und Überschwemmungen führen. PAGASA-Chefmeteorologe Nathaniel Cruz wies darauf hin, dass „Parma“ durch „Melor“ daran gehindert werde, nach Norden abzuziehen, während der Weg westwärts durch ein Hochdruckgebiet über dem asiatischen Festland versperrt werde. Taifun „Melor“, der inzwischen eine größere Intensität hat als Taifun „Parma“, nähert sich von Osten. „‚Melor‘ ist jetzt der stärkere Zyklon und diktiert die Richtung, in der ‚Parma‘, der sich abgeschwächt hat, ziehen wird“, sagte der Meteorologe Rene Paciente im Rundfunk. Taifun „Melor“ wird durch Taifun „Parma“ daran gehindert, direkt auf die Philippinen zu treffen und deswegen nach Norden in Richtung Japan abgelenkt.

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Quellen