Vorratsdatenspeicherung: Kritiker warnen vor Aushöhlung des Informantenschutzes

Veröffentlicht: 22:27, 11. Nov. 2007 (CET)
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Berlin (Deutschland), 11.11.2007 – Nach Ansicht von Kritikern hat der Bundestag durch den Beschluss des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung am 9. November die Pressefreiheit eingeschränkt. So würde durch die verdachtsunabhängige Speicherung von Telekommunikationsdaten der Informantenschutz ausgehöhlt. Die Politiker versprechen sich durch das Gesetz eine Verbesserung bei der Aufklärung von Straftaten.

Laut einer Studie des Bundeskriminalamtes würde nach der Umsetzung die Aufklärungsquote aber nur maximal um 0,006 Prozentpunkte steigen. Im Bundestag stimmten in namentlicher Abstimmung 366 Abgeordnete für den „Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG; Drs. 16/5846 und 16/6979“. Es gab zwei Enthaltungen, 156 Gegenstimmen und 89 nicht abgegebene Stimmen.

Mehr als 7.000 Menschen haben angekündigt, gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde einzulegen. Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar warnte davor, dass ein anonymer Zugang zum Internet nicht mehr gewährleistet sein werde.

Das Gesetz soll am 1. Januar 2008 in Kraft treten.

Zeitgleich geriet die Staatsanwaltschaft für die Durchsuchung von Briefen an Tageszeitungen im Mai in die Kritik. Der Bundesgerichtshof ordnete damals die Durchsuchung von Post an Zeitungen an, um Mitglieder der linksextremistischen Organisation „militante gruppe“ zu fassen. Diese wurde verdächtigt , Autos im Vorfeld des G8-Gipfels 2007 angezündet zu haben. Bei der Aktion wurden zwei Briefe von Mitgliedern der Vereinigung geöffnet. Nach Ansicht des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) wurde dadurch das Redaktionsgeheimnis verletzt. DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken verwies auf das Cicero-Urteil. Auch Mitarbeiter der „Berliner Morgenpost“ kritisierten das Vorgehen als Gefährdung des Informantenschutzes und der Pressefreiheit.

Das Büro des Bundesdatenschutzbeauftragten hingegen konnte keine Rechtsverletzung feststellen. Die Ermittlungsbehörden hätten „formal korrekt“ gehandelt.

Hintergrund der Ermittlungsmethode waren Anschläge am 18. Mai 2007, bei denen Autos der Berliner Polizei in Brand gesteckt wurden, wobei mehrere Verdächtige der „mg“ gefasst wurden. Der Bundesgerichtshof erlaubte daraufhin die Beschlagnahme von Briefen, die vom 18. bis 22. Mai 2007 an die Tageszeitungen „BZ“, „Berliner Zeitung“, „Berliner Morgenpost“ und „Tagesspiegel“ gesandt wurden.

Nachdem sich Begriffe aus den Bekennerschreiben in Arbeiten eines für die Humboldt-Universität arbeitenden Soziologen fanden, wurde dieser am 31. Juli festgenommen. Ein dringender Tatverdacht, dass dieser der „mg“ angehört, konnte jedoch nicht ermittelt werden, sodass der Haftbefehl später aufgehoben wurde.

Auch in Hamburg beschlagnahmte die Polizei bei ähnlichen Delikten verdächtige Briefe. Im Frühjahr 2007 waren vermehrt Anschläge von Globalisierungskritikern verübt worden.

Quellen