Vergewaltigungsopfer bekommt 200 Peitschenhiebe

Veröffentlicht: 19:43, 20. Nov. 2007 (CET)
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Al-Qatif (Saudi-Arabien), 20.11.2007 – Ein saudi-arabisches Gericht hat die Strafe für ein Vergewaltigungsopfer verdoppelt, nachdem sich die junge Frau öffentlich dazu geäußert hatte, beklagt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Nun muss die Frau für sechs Monate ins Gefängnis und bekommt zusätzlich 200 Peitschenhiebe, wenn das Urteil vollstreckt werden sollte.

Der saudi-arabische König soll das Urteil aufheben

Ein Mitarbeiter des Gerichtes in Al-Qatif sagte, das alte Urteil wurde verschärft, wegen „ihres Versuchs, die Justiz durch die Medien zu reizen und zu beeinflussen“. Farida Deif, für Frauenangelegenheiten bei HRW zuständig, sagte dazu: „Dieses Urteil sendet nicht nur eine Botschaft an Opfer von sexueller Gewalt, keine Beschuldigungen zu erheben, sondern bietet auch Schutz und Straffreiheit für die Täter.“

Die junge verheiratete Frau gab an, dass sie sich damals mit einem männlichen Freund aus ihrem Bekanntenkreis treffen wollte, der versprochen hatte, ihr ein Foto zurückzugeben. Nachdem sie sich getroffen hatten, wurden die beiden von einer siebenköpfigen Gruppe überfallen und mehrmals vergewaltigt. Vier der Täter erhielten eine eher niedrige Strafe von einem bis vier Jahren Gefängnis und zwischen 80 und 1.000 Peitschenhieben, trotz der Forderung nach Höchststrafe und eines Beweisvideos – von den Angreifern mit einem Mobiltelefon aufgenommen. Weiterhin verurteilte das Gericht im Oktober 2006 die beiden Opfer wegen „illegalen Kontaktes“ (engl. „illegal mingling“) zu je 90 Peitschenhieben.

Gegenüber HRW beschrieb die Frau im vergangenem Dezember das Gerichtsverfahren. „Bei der ersten Sitzung sagten die Richter zu mir: ‚Welche Art Beziehung hast du zu dieser Person? Warum hast du das Haus verlassen? Kennst du diese Männer?‘ Die Richter baten mich, die Situation zu beschreiben. Dabei haben sie mich angeschrien und beleidigt. Der Richter lehnte die Anwesenheit meines Ehemannes im Raum ab. Ein Richter sagte, ich wäre eine Lügnerin, weil ich mich an die Tatzeit nicht mehr genau erinnern konnte. Immer wieder sagten sie: ‚Warum hast du das Haus verlassen? Warum hast du deinem Ehemann nichts gesagt [wo du hingehst]?‘“

Ihr Rechtsanwalt Abd al-Rahman al-Lahim, einer der bekanntesten Verteidiger in Sachen Menschenrecht im Land, wurde während der letzten Anhörung ohne triftigen Grund von dem Richter al-Muhanna aus dem Gerichtssaal verbannt. Eine zukünftige Vertretung seiner Klientin wurde ihm untersagt und seine Anwaltsbescheinigung beschlagnahmt. Bald muss er zu einer Anhörung ins Justizministerium.

Human Rights Watch ruft den Herrscher des Landes, König Abdullah, dazu auf, die Strafe unverzüglich für ungültig zu erklären und alle Anschuldigungen gegen das Opfer fallen zu lassen sowie die Schikane gegenüber ihrem Anwalt zu stoppen. Erst am 3. Oktober hatte der König eine Reform des Justizwesens angekündigt. In Saudi-Arabien gibt es momentan kein Strafgesetzbuch. Oft kommt es vor, dass Richter auch im Falle einer verhängten Todesstrafe kein schriftliches Urteil herausgeben.

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Quellen