Unruhen in Neukaledonien: Frankreich ruft Notstand aus
Veröffentlicht: 23:28, 16. Mai 2024 (CEST) Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Paris (Frankreich) / Nouméa (Neukaledonien), 16.05.2024 – Die französische Regierung hat nach Ausschreitungen im Überseegebiet Neukaledonien den Ausnahmezustand ausgerufen. Der Élysée-Palast kündigte ein entsprechendes Dekret von Präsident Emmanuel Macron an, das unter anderem Demonstrationsverbote, Ausgangssperren und mehr polizeiliche Befugnisse vorsieht.
Die Protestler kritisieren eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris, die vorsieht, dass Einwohner nur noch zehn Jahre in Neukaledonien gelebt haben müssen, um das Wahlrecht zu erhalten – bislang sind es 25 Jahre. Damit würden französischstämmige Neukaledonier deutlich mehr Mitspracherecht erhalten. Die Nachkommen der indigenen Bevölkerung, die das Land vor der Kolonisation durch Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts besiedelt hatte, fürchten eine Verringerung ihres Einflusses im Land. Die Reform ist bereits von beiden Kammern des Französischen Parlaments angenommen worden, womit nur noch die Zustimmung des Congrès du Parlement fehlt, der im Schloss Versailles einberufen wird.
Bislang sind bei Ausschreitungen hunderte Menschen verletzt und vier getötet worden, unter letzteren ein Polizist, der einem Kopfschuss erlag. Nach Angaben von Frankreichs Minister für Inneres Gérald Darmanin, der auch Minister für die Überseegebiete ist, wurden weitere Sicherheitskräfte mit Munition und Äxten attackiert. Insgesamt kam es zu etwa 140 Festnahmen. Seit Tagen werden in den Vororten der Hauptstadt Nouméa Gebäude und Autos in Brand gesteckt, Geschäfte geplündert sowie Barrikaden errichtet. Der Flughafen und Tankstellen sind geschlossen, viele Menschen befürchten einen Warenmangel.
Wir werden die öffentliche Ordnung so schnell wie möglich wiederherstellen. | ||
– Gabriel Attal, französischer Premierminister |
Die französische Regierung rief die Menschen zur Ruhe auf; der Élysée-Palast erklärte, keine Form der Gewalt sei akzeptabel, diese werde „eine unerbittliche Antwort zur Folge haben“.
Um den Konflikt zu lösen, hat Präsident Macron politische Vertreter aus Neukaledonien zu einem Treffen in Paris eingeladen, das Ende Mai mit dem französischen Premierminister Gabriel Attal stattfinden soll.
In Neukaledonien, das seit dem Abkommen von Nouméa 1998 einen Sonderstatus unter den französischen Überseegebieten hat und deshalb nicht der Europäischen Union oder dem Schengen-Raum angehört, drängen seit Langem viele Menschen auf eine Unabhängigkeit von Frankreich. Zuletzt wurden in den Jahren 2018, 2020 und 2021 drei Unabhängigkeitsreferenden abgehalten, die jedoch alle mit einem Votum für den Verbleib bei Frankreich endeten. Vor allem die indigene Gruppe der Kanaken spricht sich für eine Loslösung aus.
Quellen
Bearbeiten- tagesschau.de: „Ausnahmezustand in Neukaledonien erklärt“ (15.05.2024)
- zdf.de: „Drei Tote: Macron verhängt Ausnahmezustand“ (15.05.2024)
- Der Spiegel: „Frankreich ruft Notstand in Neukaledonien aus“ (15.05.2024)