Truppen des Übergangsrates marschieren in Sirte ein

Veröffentlicht: 12:48, 27. Sep. 2011 (CEST)
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Sirte (Libyen), 27.09.2011 – Nach einer knapp einmonatigen Belagerung sind die Truppen des libyschen Übergangsrates am Montag in die Hafenstadt Sirte einmarschiert. Unterstützt von Nato-Flugzeugen erfolgte die Offensive über die östliche Stadtseite. Der letzte Angriff am Samstag war am heftigen Widerstand gescheitert, die Soldaten mussten sich wieder zurückziehen. Der Kampf hatte sieben Opfer auf Seiten der Revolutionskämpfer gefordert, mindestens 150 sollen laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verletzt worden sein. Die Zustände in der Stadt spitzten sich zu: Familien hätten sich in Kellern versteckt, es gäbe weder Wasser noch Lebensmittel oder Medikamente. Soldaten der neuen libysche Führung gaben an, dass mehr als 1300 Familien die Stadt in den vergangenen Wochen verlassen hätten.

Im Zuge der Großoffensive am Montag strömten weitere Zivilisten aus der Stadt - laut Alistair Leithead von BBC hätten einige nicht einmal vom Fall der Hauptstadt Tripolis im August gewusst. Man habe ihnen erzählt, die Rebellen würden ihnen die Hälse aufschlitzen, wenn sie aus Sirte fliehen würden. Der Übergangsrat sowie Flüchtlinge warfen den Verteidigern der Stadt vor, die Menschen als Schutzschilde zu missbrauchen und an der Flucht zu hindern.

Sirte liegt etwa 410 Kilometer östlich von Tripolis. Als Geburtsstadt des ehemaligen Diktators Muammar al-Gaddafi hat es eine enorme Bedeutung für die ihm treuen Truppen. Gaddafi hatte die Stadt Anfang September zur neuen Hauptstadt erklärt. Sirte ist die größte der drei verbliebenen Bastionen Gaddafi´s, von ihm selbst fehlt jedoch weiterhin jede Spur. Es wird vermutet, dass er noch in Libyen ist. Ahmed Bani, ein Sprecher des Übergangsrates, berichtete CNN, die Soldaten hätten vor ein paar Tagen die Wüstenstadt Bani Walid betreten. Der Berg im nördlichen Teil der Stadt sei jedoch noch immer im Besitz von Gaddafi-Truppen und mit ihnen verbündeten Söldnern. Die Kämpfe werden weiterhin andauern.

Unterdessen haben sich Mitglieder des Übergangsrates in Bengasi getroffen, um über die Zukunft der Regierung zu beraten. Es sei bereits beschlossen worden, dass es einen Premier, einen Vizepremier und 22 Minister geben werde, berichtet CNN. Die neue Regierung werde jedoch erst angekündigt, wenn auch die letzte Stadt in Libyen von den Truppen von Muammar al-Gaddafi befreit worden sei. Das Treffen begann am Sonntag und soll am Dienstag enden.

Am Freitag war eine Audiobotschaft von Gaddafis Tochter Aischa vom syrischen Fernsehsender Al-Rai veröffentlicht worden, in der sie die neue Führung Libyens als Verräter bezeichnete. Einige von ihnen hätten vor dem Seitenwechsel im Bürgerkrieg der Gefolgschaft des Ex-Diktators angehört. Ihrem Vater ginge es gut. Am Sonntag hatten Gaddafi-treue Soldaten von Algerien aus die Stadt Ghadamis angegriffen und sechs Menschen getötet. Sie seien aber zurückgeschlagen worden. Teile der Stadt gehören zum Weltkulturerbe.

Nach dem Fund eines Massengrabes kommen langsam Zweifel an der Identität der Leichen auf. Zuerst war angenommen worden, bei den rund 1300 Toten handle es sich um die Opfer eines Aufstands im Abu Salim - Gefängnis 1996. Doch laut CNN seien dort einige Knochen gefunden worden, die zu groß für Menschen seien. Jamal Ben Noor aus dem Ministerium für Justiz und Menschenrechte sagte der Internetseite, man solle warten und ihnen mehr Zeit geben, bis die Untersuchung beendet sei.

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