Trotz Terrordrohungen – In Afghanistan wurde heute gewählt

Artikelstatus: Fertig 20:49, 18. Sep. 2005 (CEST)
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Kabul (Afghanistan), 18.09.2005 – Zwölf Millionen Wahlberechtigte waren heute zur ersten demokratischen Wahl eines Parlaments nach 36 Jahren aufgerufen. 3040 Kandidaten bewarben sich um Sitze in den neu geschaffenen 34 Provinzräten und 2760 Kandidaten um die 249 Sitze des Zentralparlaments, der so genannten Wolesi Dschirga (Haus des Volkes). 68 Sitze, knapp ein Drittel, sind dabei für Kandidatinnen und zehn für die Nomaden-Minderheit der Kuchis reserviert.

Die Lage Afghanistans

Nach dem Sturz der Taliban im Jahre 2001 durch eine Koalition von Streitkräften unter der Führung der USA ist die heutige Wahl die erste freie Parlamentswahl seit 36 Jahren. Der seit dem November 2004 amtierende Präsident Afghanistans, der paschtunische Stammesführer Hamid Karsai nannte den Tag der Parlamentswahlen „den Tag der Selbstbestimmung für das afghanische Volk. Nach 30 Jahren Krieg, Interventionen, Besetzung und Elend bewegt sich Afghanistan heute vorwärts.“

Hamid Karsai

Die Wahlen fanden unter Bedingungen statt, die für westliche Länder mit einer langen demokratischen Tradition nur schwer vorstellbar sind. Die Teilnahme an der Wahl und bereits die Vorbereitung der Wahl stand unter der ständigen Drohung der gestürzten Taliban, Terrorakte gegen Kandidaten und Wähler auszuüben. Sieben Kandidaten wurden im Vorfeld der Wahl bereits getötet, auch Wahlhelfer wurden Opfer von Terrorakten. Nach Angaben des US-Militärs kam es besonders im Süden und Osten Afghanistans zu mehreren Angriffen von Talibankämpfern. So wurden in Khost nach einem Polizeieinsatz gegen angreifende Talibankämpfer insgesamt fünf Menschen getötet, darunter drei Polizisten. Insgesamt kam es zu über zwanzig Terroranschlägen durch Talibankämpfer. Dabei starben sieben Menschen. Die Sicherheit bei den Wahllokalen wurde durch insgesamt 100.000 Soldaten gewährleistet, darunter auch über 2000 Bundeswehrsoldaten. Polizisten hatten auf Hausdächern rund um die Wahllokale Stellung bezogen. Alle Personen, die die Wahllokale betreten wollten, wurden nach Waffen durchsucht.

Dennoch liefen die Wahlen insgesamt unter günstigeren Bedingungen ab als teilweise befürchtet worden war. Der Wahlleiter, Peter Erben, sprach von einer im Allgemeinen guten Sicherheitslage: „Wo Probleme aufkamen, haben die Sicherheitskräfte prompt reagiert und diese gelöst.“ Die Menschen im ganzen Land strömten relativ unbeeindruckt von den Terrordrohungen zu den Wahllokalen. Diese mussten daher teilweise drei Stunden länger geöffnet bleiben als ursprünglich vorgesehen. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Wahlbeteiligung nicht hoch sein wird wie bei der Präsidentschaftswahl am 9. Oktober 2004.

Für die Frauen des Landes hatte die Beteiligung an den Wahlen eine besondere Bedeutung, da sie unter der Herrschaft der Taliban als völlig rechtlose Menschen, fast wie Gefangene, auf den häuslichen Bereich beschränkt waren. In der Öffentlichkeit durften sie nur verschleiert erscheinen. Die so genannte Burka, eine Ganzkörperverschleierung, wurde von den Taliban als verbindliche Kleidung für alle Frauen eingeführt. Vor den Wahllokalen erschienen nun auch viele Frauen, um ihr Wahlrecht in Anspruch zu nehmen. Nur vereinzelt kam es zu Zwischenfällen, als männliche Familienangehörige in den südöstlichen Provinzen versuchten, Frauen vom Wahlgang abzuhalten.

Das amtliche Ergebnis der Wahl wird noch eine Weile auf sich warten lassen. Auf die in westlichen Demokratien üblichen Hochrechnungen schon kurz nach dem Wahlende müssen die Wahlorganisatoren in Afghanistan verzichten. Am 10. Oktober wird ein vorläufiges Wahlergebnis bekannt gegeben, das amtliche Endergebnis wird am 22. Oktober feststehen.

Quellen

  • de.today.Reuters.com: „Parlamentswahl in Afghanistan begleitet von Gewalt“ (18.09.2005)   Quelle nicht mehr online verfügbar
  • Kleinezeitung.at: „Parlamentswahl in Afghanistan von Gewalt begleitet“ (18.09.2005)   Quelle nicht mehr online verfügbar