Treffen zwischen Johnson und Juncker endet ergebnislos

Veröffentlicht: 23:10, 19. Sep. 2019 (CEST)
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Luxemburg (Europäische Union), 19.09.2019 – Ein gemeinsames Mittagessen des scheidenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und des britischen Premierministers Boris Johnson am Montag, den 16. September, brachte keine Fortschritte im Poker um den Brexit. Stattdessen endete das Treffen im Eklat, weil sich Johnson weigerte, an einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel teilzunehmen. Johnson fühlte sich von einer Gruppe von Brexitgegnern gestört.

„Johnson geh’ nach Hause“, „Boris, es reicht“ und „In der EU sind wir besser dran“ stand auf den Protestschildern der Demonstranten. Sie riefen: „Sag die Wahrheit“ und „Stop den Putsch“. Manche von ihnen schwenkten die Europaflagge und die schottische Flagge.

Die Gelegenheit der geplatzten Pressekonferenz nutzte Bettel für ein Statement: „Wir brauchen mehr als Worte. Wir brauchen einen rechtlich umsetzbaren Text, um die Oktober-Deadline einzuhalten.“

Von dem Treffen hatte sich die Europäische Union Aufschluss darüber erwartet, welche Vorschläge Boris Johnson macht. Bereits seit Wochen sagen EU-Diplomaten, dass die Downing Street keinerlei neue Vorschläge machen würde, um bei den strittigen Fragen einen Kompromiss zu erreichen. Dabei geht es vor allem um den sogenannten Backstop, mit dem eine harte Grenze zwischen dem britischen Kronland Nordirland und der Republik Irland verhindert werden soll.

Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg sagte dementsprechend am Rande einer Ratssitzung in Brüssel: „Es ist von EU-Seite alles getan und gesagt. Wenn Premierminister Johnson nicht mit etwas Neuem im Gepäck zu Juncker kommt, dann wird es einen harten Brexit geben.“

Der britische Premierminister brachte offenbar auch zu dem Arbeitsessen mit Juncker keine neuen Ideen mit. Johnson, der sich am Wochenende als unbesiegbarer „Hulk“ dargestellt hatte, wirkte nach dem etwa zwei Stunden dauernden Gespräch ziemlich kleinlaut. Juncker und Johnson verließen den Ort des Zusammentreffens wortlos, ohne Äußerungen an die Presse zu machen, während Boris Johnson von den etwa 50 Demonstranten ausgepfiffen und ausgebuht wurde.

Die EU-Kommission ließ statt der Pressekonferenz eine kurze Mitteilung verlautbaren. Darin hieß es, dass die versprochenen Alternativen für den „Backstop“ immer noch fehlen würden. Es liege in der Verantwortung der Briten, umsetzbare und mit dem ausgehandelten Abkommen vereinbare Ideen vorzulegen. „Solche Vorschläge sind noch nicht gemacht worden“, sagte Juncker. Die EU-Kommission ließ auch durchblicken, dass sie die verbleibenden EU-Mitglieder auf dem EU-Gipfel am 17. Oktober darüber entscheiden lassen wolle, ob es einen weiteren Aufschub des Austrittstermins gibt oder ob die EU den Stecker zieht, sodass es am 31. Oktober zum „harten Brexit“ kommt.

Bettel appellierte an den bereits abgereisten Gast aus London: „Ihre und unsere Leute zählen auf Sie. Aber die Uhr tickt. Nutzen sie ihre Zeit weise!“

Das britische Unterhaus hatte ein Gesetz verabschiedet, das einen Brexit ohne Vertrag verbietet. Nach seinem Treffen mit Juncker wiederholte Johnson vor der britischen Botschaft in Luxemburg seine Entschlossenheit, dieses Gesetz zu ignorieren. Er werde das Vereinigte Königreich am 31. Oktober aus der EU führen und keinen Aufschub beantragen. Er werde aber weiterhin versuchen, einen Deal ohne Backstop zu bekommen.

Vor dem Treffen mit Juncker hatte er der britischen Zeitung „The Telegraph“ gesagt: „Wenn wir in den nächsten Tagen genug Fortschritte erzielen, werde ich zu diesem entscheidenden Gipfel am 17. Oktober gehen und eine Vereinbarung abschließen, die die Interessen der Wirtschaft und der Bürger auf beiden Seiten des Ärmelkanals und auf beiden Seiten der Grenze in Irland schützt.“

Der britische Supreme Court befasst sich seit Dienstag, 17. September, mit der Frage, ob die von Johnson durchgesetzte fünfwöchige Aussetzung der Parlamentssitzungen gesetzeskonform ist. Das oberste schottische Gericht hatte die Prorogation bis zum 14. Oktober für nichtig erklärt.

Unterdessen hat sich die Tory-Fraktion weiter verkleinert. Der 43-jährige Abgeordnete Sam Gyimah ist zu den Liberal Democrats übergetreten. Das sagte er in Bournemouth. Gyimah ist das sechste ehemalige Mitglied der Tories in den Reihen der nun 18 Köpfe zählenden Fraktion der Liberal Democrats. Gyimah hatte für die Nachfolge von Theresa May kandidiert, war jedoch chancenlos.


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