Tories verlieren Nachwahl in Wales – Johnsons Mehrheit wird kleiner
Veröffentlicht: 01:30, 3. Aug. 2019 (CEST) Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Cardiff (Vereiniges Königreich), 03.08.2019 – Bei der Nachwahl in dem Wahlkreis Brecon and Radnorshire im walisischen Osten war die Kandidatin der Liberaldemokratischen Partei, Jane Dodds, erfolgreich. Sie gewann mit 1425 Stimmen Vorsprung auf den konservativen Kandidaten Chris Davies. Dadurch verringerte sich die ohnehin knappe Mehrheit des britischen Ministerpräsidenten Boris Johnson auf einen Sitz. Die Nachwahl war notwendig geworden, weil Amtsinhaber Chris Davies wegen einer Spesenaffäre zurücktreten musste. Sein Versuch, sich in der Nachwahl umgehend wiederwählen zu lassen, gefiel den Wählern seines früheren Wahlkreises offenbar nicht. Bei der letzten Wahl hatte Davies seinen Wahlkreis noch mit 8038 Stimmen Vorsprung gewonnen. Für die Labour Party bedeutete das Wahlergebnis auch keine gute Nachricht.
Sowohl Plaid Cymru als auch die Grünen haben keine eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt, um so die Chancen der 55-jährigen, pro-europäischen Kandidatin Dodds zu erhöhen. Adam Price, der Parteiführer von Plaid Cymru, verlangte nach einem zweiten Referendum. „Falls aber der Premierminister eine Parlamentswahl beabsichtigt, sollte er wissen, dass Plaid Cymru und die anderen pro-europäischen Parteien sich verpflichtet haben, zusammenzuarbeiten, sodass wir den Brexit endlich für immer schlagen können.“
Partei | Kandidat(in) | Stimmen | % | +/- |
Liberal Democrats | Jane Dodds | 13.826 | 43,46 | +14,3 |
Conservatives | Chris Davies | 12.401 | 38,98 | -9,6 |
Brexit Party | Des Parkinson | 3.331 | 10,40 | +10,40 |
Labour | Tom Davies | 1.680 | 5,3 | -12,5 |
The Official Monster Raving Loony Party | Lady Lily The Pink | 334 | 1,00 | +1,00 |
UKIP | Liz Philipps | 242 | 0,76 | -0,64 |
Wahlbeteiligung: 31.814 (59,6 %) / Quelle: Powys County Council |
Ein Sprecher der walisischen Labour Party sagte: „Wir haben immer gewusst, dass dies eine schwierige Wahlnacht für uns werden würde, aber wir sind stolz auf unseren positiv verlaufenen Wahlkampf in Brecon und Radnorshire.“ Doch Roger Awan-Scully, ein Professor der Politikwissenschaften an der Cardiff University, warnt: „Labour muss ganz genau auf dieses Ergebnis schauen. Alles deutet darauf hin, dass es nicht nur taktisches Stimmverhalten für die Lib Dems war, sondern auch Unzufriedenheit mit Jeremy Corbyn und Mark Drakeford.“ Drakeford ist erster Stellvertretender Corbyns.
Die Conservative Party und ihr nordirischer Koalitionspartner DUP haben zusammen jetzt noch 320 Sitze, während die Oppositionsparteien insgesamt auf 319 Sitze kommen. Dies erschwert den Kurs für den auch in seiner Partei nicht unumstrittenen Premierminister, der sich nicht sicher sein kann, im Falle eines Misstrauensvotums alle Stimmen der Tory-Abgeordneten zu bekommen. Die Nachwahl galt als erster Test für den neuen Premierminister. Der Wahlkreis ist eine liberaldemokratische Hochburg. Im Verlauf der vergangenen 34 Jahre hatten die Liberal Democrats in 25 Jahren den Sitz innegehabt. Zuletzt hatten sie den Sitz 2015 an die Tories verloren.
Dodds erklärte nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses: „Als erste Tat in Westminster werde ich Boris Johnson aufsuchen, wo auch immer er sich versteckt, und ihm laut und deutlich sagen: ‚Hör auf, mit unserer Zukunft zu spielen, und schließ einen No-Deal-Brexit aus!‘“ Parteifreund Ed Davey erklärte in der britischen Zeitung „The Guardian“: „Für jene unter uns, die den Brexit stoppen wollen, ist das ein entscheidender Moment.“
Boris Johnson hatte erklärt, die EU am 31. Oktober auf jeden Fall verlassen zu wollen, vorzugsweise ohne Austrittsvertrag, falls die EU Nachverhandlungen verweigere. Der mit dem Amtsantritt Johnsons ins Amt gekommene Finanzminister Sajid Javid hatte am Tag der Nachwahl bekanntgegeben, für die Vorbereitung auf einen No-Deal-Brexits weitere 2,1 Miliarden Pfund (rund 2,3 Milliarden Euro) zur Verfügung stellen zu wollen. Dieser Schritt wurde von der oppositionellen Labour Party als „abstoßende Verschwendung von Steuergeldern“ bezeichnet. Wie der Abgeordnete John McDonnell kritisierte, könnte die Regierung das Geld in Schulen und Krankenhäuser investieren, wenn sie den harten Brexit bereits ausgeschlossen hätte.