Türkei entschärft „Türkentum“-Paragrafen des Strafgesetzbuches

Veröffentlicht: 18:30, 30. Apr. 2008 (CEST)
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Ankara (Türkei), 30.04.2008 – Das türkische Parlament beschloss heute nach einer acht Stunden dauernden Debatte mit 250 zu 65 Stimmen eine Revision des berüchtigten Paragrafen 301 des türkischen Strafgesetzbuches, der die „Beleidigung des Türkentums“ unter Strafe stellte.

Die Europäische Union hatte die Rechtsprechung in der Türkei, die sich auf diesen Paragrafen stützte, immer wieder kritisiert, weil er wiederholt dazu genutzt worden war, kritische Meinungsäußerungen unter Strafe zu stellen. Zuletzt war die türkische Rechtsanwältin Eren Keskin unter Berufung auf den Paragrafen 301 wegen Kritik am türkischen Militär zu sechs Monaten Haft verurteilt worden (Wikinews berichtete).

Der heutige Beschluss schaffte den Paragrafen jedoch nicht einfach ab, sondern veränderte ihn so, dass er weniger Schaden anrichten kann. Nun heißt der entsprechende Straftatbestand nicht mehr „Beleidigung des Türkentums“, sondern „Beleidigung der türkischen Nation“. Außerdem wurde die vorgesehene Höchststrafe von drei auf zwei Jahre verringert, wodurch es möglich ist, die Strafe bei erstmalig im Sinne dieses Paragrafen straffällig Gewordenen zur Bewährung auszusetzen. Künftig muss auch der türkische Justizminister zustimmen, ob eine entsprechende Anklage erhoben werden kann. Die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen solcher Verstöße soll so erschwert werden.

Schriftsteller und Bürgerrechtler kritisierten die halbherzige Reform des Paragrafen. Sie befürchten, auch in Zukunft in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten zu werden, zumal auch andere Bestimmungen des Strafgesetzbuches die Verfolgung Andersdenkender zulassen.

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Quellen