Skandal um Mitarbeiterüberprüfungen bei der Deutschen Bahn weitet sich aus

Veröffentlicht: 22:13, 4. Feb. 2009 (CET)
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Berlin (Deutschland), 04.02.2009 – Wie bekannt wurde, hat die Deutsche Bahn AG nicht nur 2003 rund 173.000 Mitarbeiter wegen Korruptionsverdachts überprüft (Wikinews berichtete), sondern im Jahr 2005 sogar alle etwa 237.000 Mitarbeiter. Dies berichtete gestern Abend die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Aufsichtsratskreise. Man sei „schockiert“ über das Verhalten der Bahnspitze, insbesondere über die Informationspolitik gegenüber Kontrollgremien, berichtete die SZ weiter. Inwieweit Bahnchef Hartmut Mehdorn selbst verantwortlich ist und ob er persönliche Konsequenzen ziehen muss, ist noch unklar. Dieter Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD, sagte dem Kölner Stadtanzeiger zur Überprüfung aller Mitarbeiter: „Wenn das so wäre, wird sich Herr Mehdorn nach einer neuen Tätigkeit umsehen müssen.“ Rücktrittsforderungen kamen auch von Bündnis 90/Die Grünen und von der Grünen Jugend, so sagte ihr Sprecher Max Löffler: „Es ist mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung unvereinbar, dass die Bahn ihre MitarbeiterInnen ausspähen ließ und diese nicht informierte. Die Konsequenz muss jetzt heißen: Hartmut Mehdorn tritt als Verantwortlicher zurück!“

Bahnchef Hartmut Mehdorn

Am Morgen kündigte Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller eine Sondersitzung zu diesem „ernsten Thema“ an. „Der Aufsichtsrat wird vollständige Klarheit in dieser Frage herbeiführen und Regelungen, die eine Wiederholung dieser Vorgänge ausschließen“ ließ Müller verlautbaren. Auch der Verkehrsausschuss des Bundestages wird sich kommenden Mittwoch mit dem Thema beschäftigen. Ein Hinhalten wird nicht länger möglich sein", sagte Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, der DPA.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Bahn Markus Beckedahl, Betreiber des Blogs netzpolitik.org, abgemahnt hat, weil er ein interes Memo der Bahn der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte. Die Abmahnung führte dazu, dass sich zahlreiche Blogger mit Backedahl solidarisierten und das Memo ebenfalls veröffentlichten. Die E-Mail, die Backedahl von der Rechtsabteilung der Bahn erhielt, wurde auf netzpolitik.org und auch auf Wikileaks veröffentlicht. Wie aus dem Schreiben hervorgeht, beruft sich die Bahn unter anderem auf Paragraf 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, in dem es um Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen geht. Die Bahn droht außerdem nach Paragraf 823 und 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches gegen Urheberrechtsverletzungen und sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Unternehmens durch Backedahl gerichtlich vorzugehen.

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Quellen