Sind jetzt Atomkraftwerke das Ziel von Terroristen?
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Lüttich (Belgien), 29.03.2016 – Der Leiter des Forschungsprogramms für Kernenergie in Belgien ist auf einem Video zu sehen, das bei einer Hausdurchsuchung im Rahmen der Terroristenfahndung gefunden wurde. Auf diesem Video wurde heimlich über einen Zeitraum von zehn Stunden der Tagesablauf des Direktors für Nuklearenergie im belgischen Mol dokumentiert. Das Studienzentrum für Kernenergie wurde 1952 als Belgisches Nuklearforschungszentrum gegründet, ein Vertrag über die Erschließung der Uranvorkommen in Belgisch-Kongo war bereits 1944 mit den USA geschlossen worden.
Im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Belgien werden seitdem auch Kernkraftwerke als mögliche Ziele der Terroristen vermutet und in die Risikobetrachtungen einbezogen. Belgien betreibt zwei kommerzielle Kernkraftwerke. Unmittelbar nach dem Terroranschlag in Brüssel am 22. März wurden verschärfte Sicherheitsmaßnahmen für die Kernkraftwerke in Belgien angekündigt. Das Atomkraftwerk Tihange besteht aus drei Blöcken mit Druckwasserreaktoren. Block 1 hat eine elektrische Nettoleistung von 962 MW, Block 2 hat 1.008 MW und Block 3 hat 1.015 MW. Zusammen sind das 3.129 MW. Hier sind rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Von allen Kernkraftwerken in Europa ist Doel mit 4 Reaktoren im Norden Belgiens dasjenige mit der am dichtesten besiedelten Umgebung: in einem Umkreis mit dem Radius 75 km leben etwa 9 Millionen Menschen. Block 1 hat hier eine elektrische Nettoleistung von 392 MW, Block 2 hat 433 MW, Block 3 hat 1.006 MW und Block 4 hat 1.008 MW. Zusammen sind es 2.963 MW.
Im Oktober 2014 war von niederländischen Medien berichtet worden, dass ein Dschihadist, der in der islamistischen Organisation Sharia4Belgium aktiv war und 2014 in Syrien mutmaßlich als Kämpfer des IS getötet wurde, drei Jahre lang bis 2012 als Techniker im Hochsicherheitsbereich des Kernkraftwerkes Doel gearbeitet hatte. Experten vom Nationalen US-Sicherheitsrat warnen vor der Möglichkeit, dass technisch versierte Islamisten versuchen, eine Atombombe zu bauen. Denkbar ist auch eine Entführung mit dem Ziel der Erpressung oder die Drohung mit einem gezielten Anschlag auf ein Atomkraftwerk.
Nach Ansicht eines Berichterstatters der Bremer Tageszeitung WESER-KURIER senden die Terroristen „Botschaften, die jeder sofort verstehen soll“. Zu deren Logik gehöre es auch, „den Gegenschlag mitzudenken, ihn gar zu provozieren“. Der Kommentar schließt mit den eindringlichen Worten: „Die Anschläge von Paris und Brüssel stellen Europa vor elementare Fragen. In der Schulden- und in der Flüchtlingskrise hat es zuletzt an gemeinschaftlichem Denken gefehlt.“
Themenverwandte Artikel
BearbeitenIslamistischer Terroranschlag in Belgien (28.03.2016)
Quellen
Bearbeiten- www.deutschlandfunk.de: „Kraftwerke in Belgien: Angst vor der schmutzigen Bombe“ (18.03.2016)
- www.focus.de: „Mindestens 34 Tote bei Terroranschlag – IS bekennt sich“ (23.03.2016)
- www.sueddeutsche.de: „Vermutlich im Visier der Terroristen: Atomkraftwerke“ (22.03.2016)
- www.weser-kurier.de: „Kommentar: Anschlag auf Europa“ (23.03.2016)
- www.spiegel.de: „Terror in Belgien: Verdächtiges Personal im Atomkraftwerk“ (23.03.2016)
- www.oe24.at: „Terror-Brüder hatten Atomkraftwerk im Visier“ (24.03.2016)