Sichelzellenanämie macht resistent gegen Malaria: neue Therapiechancen

Veröffentlicht: 13:32, 3. Mai 2011 (CEST)
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Leipzig (Deutschland) / Paris (Frankreich) / Oeiras (Portugal), 03.05.2011 – Es kommt Bewegung in die Erforschung der Ursachen der Sichelzellenanämie. Einem Forscherteam der Universitäten in Oeiras (Portugal), Leipzig (Deutschland) und Paris (Frankreich) gelang jetzt die Aufdeckung der molekularen Mechanismen, die zur Resistenz der von dieser Blutkrankheit Betroffenen gegen den Malaria-Erreger führen. Dadurch erschließen sich vielversprechende Perspektiven zur Therapie der Malaria auch bei Patienten, die keine Sichelzellenanämie haben.

Verbreitung der Sichelzellenanämie
Verbreitung der Malaria

In ihrer Forschungsarbeit, die in Bd. 145, S.389, (2011) der wissenschaftlichen Zeitschrift Cell veröffentlicht wurde, gingen die Wissenschaftler der Frage nach, warum Menschen, die von einer bestimmten Mutation der roten Blutkörperchen betroffen sind, die unter dem Namen Sichelzellenanämie bekannt geworden ist, gegen Malaria resistent sind.

Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass zum Beispiel in bestimmten Regionen Afrikas, in denen Malaria epidemieartig auftritt, Menschen mit einer Mutation der roten Blutkörperchen, wie sie bei der Sichelzellenanämie auftritt, einen Evolutionsvorteil hatten. (Der Evolutionsvorteil trifft jedoch nur für Menschen zu, die die Erbkrankheit nur von einem Elternteil geerbt hatten. In einigen Gegenden Afrikas beträgt der Anteil der Sichelzellenträger bis zu 40 Prozent der Bevölkerung.) Bei reinerbig Erkrankten, wo also beide Elternteile das Gen vererbt hatten, trat die lebensbedrohliche Sichelzellenanämie auf. [1]

Bei Menschen mit diesen mutierten Blutkörperchen war bisher vermutet worden, dass Malaria-Erreger im Blut von Sichelzellträgern stärker vom Immunsystem bekämpft würden. Man nahm an, die Erreger könnten nicht in diese mutierten roten Blutkörperchen eindringen. Das traf jedoch nicht zu. Ingo Bechmann, einer der Forscher und Direktor des Instituts für Anatomie an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, spricht von einem „völlig unerwarteten Ergebnis“. Nach seinen Worten gibt es bei Sichelzellträgern einen zusätzlichen Mechanismus, der vor entzündlichen Prozessen schützt, die normalerweise bei einer Malariainfektion auftreten. Beim normalen Verlauf einer Malariaerkrankung werden vom Erreger befallene rote Blutkörperchen zum Platzen gebracht. Dabei werden massenweise Abbauprodukte der Blutkörperchen, darunter der rote Blutfarbstoff Häm freigesetzt. Einmal ins Blutserum freigesetzt, entfaltet der rote Blutfarbstoff eine giftige Wirkung und löst eine Entzündung aus. Es kommt zu einer heftigen Immunreaktion, die mit Fieberschüben verbunden ist. Das Besondere beim (mutierten) Sichelzell-Hämoglobin ist nun, dass ein besonderes Enzym, die Hämoxidase1, genau diesen für das Blut giftigen Blutfarbstoff zersetzt. Bei diesem Zersetzungsprozess entsteht auch das geruchlose Gas Kohlenstoffmonoxid, das weiterhin noch eine besondere Rolle bei der Resistenzbildung spielt. Es blockiert nämlich auf dem Hämoglobinmolekül die Freisetzung des roten Blutfarbstoffs Häm. Damit wird der Prozess, der bereits durch das Enzym Hämoxidase1 ausgelöst wird, (im Sinne einer positiven Rückkopplung) weiter verstärkt. Typische Entzündungsreaktionen, die bei einer Malariainfektion als „Nebeneffekt“ ausgelöst werden, wie zum Beispiel Malariaencephalitis, können so unterbunden werden.

Die Kenntnis der besonderen Rolle, die das Enzym Hämoxidase1 ebenso wie das Gas Kohlenstoffmonoxid bei der Immunität von Sichelzellenträgern gegen Malaria spielt, könnte neue Möglichkeiten der Therapie auch bei Menschen eröffnen, die „normale“ rote Blutkörperchen besitzen.

Zurzeit sterben weltweit noch 750.000 Menschen an dem Erreger, der durch die Anopheles-Mücke übertragen wird, der Malaria. Der UN-Sonderbeauftragte für Malaria, Ray Chambers, erklärte in der letzten Woche, in den letzten Jahren seien rund drei Milliarden Euro zur Bekämpfung der Malaria ausgegeben worden. Die Gelder seien vorwiegend in die Entwicklung von Impfstoffen geflossen, die jedoch nur in 50 bis 60 Prozent der Fälle wirksam seien.

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Quellen

Einzelnachweise

  1. Sichelzellenanämie wird kodominant vererbt. Das heißt: In den Heterozygoten (also Keimzellen, die auf dieses Merkmal mischerbig sind) wird sowohl das normale Hämoglobin als auch das Sichelzell-Hämoglobin (Hb-S) gebildet. vgl. dazu: biologie-lexikon.de: Stichwort: Sichelzellanämie