Schweiz: Eveline Widmer-Schlumpf nimmt die Wahl an

Veröffentlicht: 01:29, 14. Dez. 2007 (CET)
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen.

Bern (Schweiz), 14.12.2007 – Die am Mittwoch überraschend zur Bundesrätin gewählte Graubündner SVP-Politikerin Eveline Widmer-Schlumpf hat gestern ihre Entscheidung bekannt gegeben, die Wahl anzunehmen. Die Finanzpolitikerin wurde sofort vereidigt. Damit ist das politische Schicksal des ursprünglich für das Amt des Bundesrates vorgesehenen Christoph Blocher besiegelt. Er wird nicht mehr der Regierung angehören. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) erklärte, sie erkenne Widmer-Schlumpf nicht als SVP-Vertreterin in der Regierung an und verstehe sich daher künftig als Oppositionspartei. SVP-Fraktionschef Caspar Baader sagte, Widmer-Schlumpf gehöre nicht mehr der SVP-Fraktion an.

Widmer-Schlumpf war vor zwei Tagen in einem Überraschungscoup von den kleineren Parteien im Schweizer Bundeshaus gegen den nationalkonservativen Blocher durchgesetzt worden. Der Vorgang einer Abwahl eines nach dem Konsensprinzip vorgeschlagenen Kandidaten für den Bundesrat war das vierte Mal seit der Gründung des Bundesstaats im Jahre 1848. Politische Beobachter werteten den Vorgang als mögliches Ende des Schweizer Modells der Konsensdemokratie.

Die gestern vereidigte neue Bundesrätin erklärte vor dem Parlament, die Wahl sei eine große Ehre für sie, ihren Kanton und ihre Partei. Sie habe lange mit sich um die Entscheidung gerungen, ob sie die Wahl annehmen solle. Für ihre zukünftige Arbeit erwarte sie durchaus Schwierigkeiten, da sie keine eigene Fraktion habe. „Aber es gibt in der SVP sicher Leute, mit denen ich zusammenarbeiten kann“, sagte sie. Gleichzeitig appellierte sie an die Unterstützung des Parlaments: „Sie haben mir eine große Aufgabe, eine große Verantwortung übertragen. Ich kann diese nur wahrnehmen, wenn ich mit Ihrer Unterstützung rechnen darf.“

Als Widmer-Schlumpf am Abend in ihren Heimatort zurückkehrte, wurde sie von rund 1.000 jubelnden Unterstützern am Bahnhof Chur empfangen. Auch die Bündner Regierung feierte die Wahl der Finanzexpertin als Erfolg; sie ist die erste Bündner Frau in der Landesregierung.

Auf Bundesebene bescherte die Wahl von Widmer-Schlumpf der SVP einen unerwarteten Zustrom an neuen Mitgliedern. Wie die Neue Luzerner Zeitung in ihrer Onlineausgabe mitteilte, hat das Generalsekretariat der SVP zwei Anmeldungen von Neumitgliedern pro Minute registriert. Insgesamt konnte sich die Partei heute über 2.500 neue Mitglieder freuen.

Christoph Blocher wertete die heutige Personalentscheidung nicht als Schicksalsschlag, aber durchaus als politische Niederlage. Die Abwahl als Bundesrat sei für ihn aber nicht überraschend gekommen. Seit längerer Zeit habe für ihn eine „50-zu-50-Situation“ bestanden. Auch bisher sei ihm bewusst gewesen, dass er nicht deshalb als Bundesrat gewählt worden war, „weil mich alle wollten. Die meisten wählten mich, weil sie mich anderswo nicht wollten“. Seine weitere politische Zukunft ließ er offen.

Themenverwandte Artikel

Quellen