Schinderhannes raubte ein Vermögen

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Mainz (Deutschland), 26.04.2005 – Der legendäre Schinderhannes alias Johannes Bückler (1777–1803) hat in wenigen Jahren seines Räuberlebens ein wahres Vermögen erbeutet. Allein bei den von ihm verübten Kapitalverbrechen fielen ihm insgesamt rund 22.000 Gulden in die Hände. Hinzu kamen weitere 3.000 bis 6.000 Gulden für schätzungsweise 50 bis 100 gestohlene Pferde. Mit diesem Geld hätte der berühmteste deutsche Räuber ein schönes Leben mit seiner Geliebten Julchen Blasius (1781–1851) führen können, wenn er rechtzeitig seine kriminelle Laufbahn beendet und sich fern seines Wirkungsbereiches unerkannt niedergelassen hätte. Statt dessen zerrann dem Hannes das Geld zwischen den Fingern und er endete 1803 schmählich mit 19 seiner Komplizen unter dem Fallbeil in Mainz.

Der Mainzer Historiker Dr. Peter Bayerlein verdeutlichte anhand seiner Nachforschungen, was der Hunsrück-Räuber und seine Komplizen manchmal in einer einzigen Nacht zusammenrafften. Für die rund 2.000 bis 2.500 Gulden Beute bei einem Überfall auf einen jüdischen Händler in Laufersweiler hätte man damals mehr als 40 Pferde oder zwei große, zweistöckige Wohnhäuser am Mittelrhein oder sechs Häuser auf dem Land kaufen können. Ein Amtsbote in Mainz musste rund 100 Jahre lang arbeiten, um die Räuberbeute einer einzigen Nacht zu verdienen, ein Schullehrer in Stuttgart 25 Jahre lang unterrichten.

Noch ein Vergleich: Als Karl Theodor von Dalberg (1744–1817), der letzte Erzbischof und Kurfürst von Mainz, ab 1806 Fürstprimas, Bischof von Regensburg und Großherzog von Frankfurt und somit gewiss kein armer Mann, starb, hinterließ er rund 4.400 Gulden Bargeld. Das war weniger, als der Schinderhannes und Komplizen in einer einzigen Nacht beim Überfall auf einen jüdischen Händler in Hottenbach nördlich von Idar-Oberstein erbeuteten: nämlich mehr als 4.500 Gulden!

Geschichten vom „edlen Räuber“ Schinderhannes, der die Reichen und Geizigen bestahl und dafür die Armen beschenkte, entbehren laut Dr. Bayerlein jeglicher Grundlage. In Wirklichkeit hatten die damaligen Räuber gar nicht soviel zu verschenken. Die Beute zerfiel in mehrere Teile, je nachdem, wie viele Komplizen an einem Überfall teilnahmen. Hehler gaben ihnen meistens nur einen kleinen Teil von dem, was die Sachen eigentlich wert waren. Zahlreiche stille Helfer wollten für ihre Unterstützung jeweils ihren Anteil. Wirte und Fährleute ließen sich ihr Schweigen gut bezahlen. Es soll auch Beamte gegeben haben, deren Wegschauen nicht ganz umsonst war. Der Branntwein war teuer, und die Mädchen, selbst wenn sie nicht käuflich waren, wollten entsprechend versorgt werden.

Manchmal zeigte sich der Schinderhannes aber überraschend großzügig. Wenn Opfer seiner Erpressungen merklich weniger Geld als die geforderte Summe aufbrachten, überging er dies stillschweigend. Einmal stellte er seinem Opfer sogar eine Quittung für einen höheren Betrag aus, als er tatsächlich erhalten hatte – ein seltener Fall in der Kriminalgeschichte!

Zeitweise führte der Schinderhannes dank seiner Räubereinkünfte ein fürstliches Leben. Der „Robin Hood des Hunsrücks“ residierte wochenlang auf einer verlassenen Burg, ließ von gestohlenen Stoffen für sich und sein geliebtes „Julchen“ neue Kleider anfertigen, womit er mitunter gleich drei Schneider gleichzeitig beauftragte, und hielt in einem Gasthaussaal ein rauschendes Fest ab, bei dem eine Musikkapelle zum Tanz aufspielte. Bei diesem Fest war der Hannes ein von den Mädchen aus der Umgebung umschwärmter Tanzpartner und der Wirt stellte Wachen auf, um den Räuber vor unliebsamen Überraschungen zu schützen.

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Quellen