Schießerei an Realschule in Emsdetten – Ursachendiskussion

Artikelstatus: Fertig 21:16, 24. Nov. 2006 (CET)
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Emsdetten (Deutschland), 24.11.2006 – In den Medien fand am Tag nach dem Amoklauf eines 18-jährigen Mannes an der Realschule in Emsdetten eine Diskussion über die Ursachen statt. Der ehemalige Schüler hatte dort 37 Menschen verletzt und sich danach selbst getötet.

Seine Überlegungen zu der Tat, die er seit 2004 geplant hatte, hatte er im Vorfeld im Internet veröffentlicht. Auf seiner Webseite, die kurze Zeit nach dem Vorfall abgeschaltet wurde, wo er sich in Videos und auf Fotos auch im Tarnanzug zeigte, schrieb er: „Das Einzige das ich in der Schule gelernt habe ist, dass ich ein Verlierer bin.“ Daneben war dort auch ein Abschiedsbrief zu finden.

Da der Amokläufer einen großen Teil seiner Zeit damit verbracht hat, ein umstrittenes Computerspiel in dem Gewalt angewendet wird, zu spielen, rückte schnell die Diskussion in den Vordergrund, Computerspiele dieser Art zu verbieten. Dabei konnte laut dem Medienwissenschaftler Achim Hackenberg von der Freien Universität Berlin ein Zusammenhang nicht gefunden werden. Die Jugendlichen suchen sich laut seiner Aussage Spiele aus, die zu der jeweiligen Lebenssituation passen. Frank Roberts, Leiter des Berliner Instituts für Gewaltprävention und angewandte Kriminologie, spricht von einem allerdings nicht gravierenden Zusammenhang zwischen „virtuellen Spielen und der Wirklichkeit. Sie gewöhnen sich allerdings auf diese Weise an Gewalt und setzen Phantasien während der Spiele um.“ Er findet es aber besorgniserregend, dass die Spiele durch immer mehr Realitätsnähe auch stärkere Wirkung ausübten und die Angriffsziele „von Monstern zu Menschen und in der Zwischenzeit sogar zu Kindern werden“.

Nach dem Schulmassaker in Erfurt im Jahr 2002 wurde das Jugendschutzgesetz geändert. Seit 2003 werden Computerspiele von der „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“ (USK) in verschiedenen Stufen – von der „Freigabe ohne Altersbeschränkung“ bis „Keine Jugendfreigabe“ – freigegeben. Von Kritikern wird der USK jedoch auch die Freigabe von Spielen, die Gewalt verherrlichen, für Jugendliche ab 16 oder 18 Jahren vorgeworfen.

Uwe Schünemann, der Innenminister Nordrhein-Westfalens, kündigte gegenüber der Netzzeitung bereits eine Bundestagsinitiative an, um ein Verbot gewaltverherrlichender Spiele zu erreichen. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) sollte seiner Meinung nach aufgelöst werden. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber redet von „indiskutablen Machwerken, die in unserer Gesellschaft keinen Platz haben dürfen“.

Die Grünen lehnen die Diskussion um das Verbot von Computerspielen ab, da sie „jedesmal nur als Sündenbock für das Versagen der Bildungs- und Jugendpolitik der Länder dient, um das eigene Versagen zu verdecken“. Sie fordern eine verstärkte Debatte um Medienkompetenz und sinnvolle Computernutzung.

Der Vize-Vorsitzende der Linksfraktion, Bodo Ramelow, sagte: „Wer nur über Killerspiele redet, hat vom eigentlichen Drama nichts verstanden.“ Man müsse über das Schulsystem und Pädagogik reden.

Bereits im März 2006 hatte sich der Spielehersteller „Zuxxez Entertainment“ in die Diskussion eingeschaltet – mit der Warnung, das bislang undefinierte Wort „Killerspiel“ salonfähig zu machen. „Ein Verbot wäre technisch nicht durchführbar. Sollten Spiele in die Hände von Jugendlichen gelangen, würde das an der ungenügenden Kontrolle durch die Erziehungsberechtigten liegen.“ Aus diesem Grund wendet sich auch der nordrhein-westfälische Familien- und Integrationsminister Armin Laschet (CDU) gegen ein Verbot: „Spiele, die gegen deutsches Recht verstoßen oder indiziert sind, hier meist nicht auf dem Markt sind, werden aus dem Ausland importiert oder im Internet bestellt. Dadurch entzöge sich der Zugang zu ihnen zu einem großen Teil der staatlichen Kontrolle.“

Die Polizei hat nach dem Vorfall zwei Gewehre und eine Pistole mit historischem Aussehen sichergestellt. Am Körper hatte der Täter drei selbstgebastelte Rohrbomben. Auch in seinem Rucksack und in seinem Auto wurden mehrere Rohrbomben entdeckt. Im Auto war auch noch eine Machete. Laut der Polizei gibt es Hinweise darauf, dass der Täter zwei der Waffen, die ohne den so genannten Erwerbschein erworben werden können, über das Internet bestellt habe. Die dritte Waffe war ein Kleinkalibergewehr. Dafür wurde ein Waffenschein benötigt.

Der Mann ist bereits im Juli auf einer Open-Air-Veranstaltung mit einer Gaspistole aufgefallen und sollte sich aus diesem Grund am 21. November 2006 auf einer Verhandlung beim Jugendgericht Rheine verantworten. Deshalb stellt sich die Frage, warum er am Tatzeitpunkt dennoch so eine große Menge an Waffen haben konnte.

Experten fordern, dass an jeder Schule mindestens ein Psychologen zur Betreuung der Schüler eingesetzt wird. Deutschland hat für 12.500 Schüler nur einen Psychologen und liegt damit im Vergleich der OECD an vorletzter Stelle.

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Quellen