Polens neuer Präsident schlägt schärfere Töne an
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Warschau (Polen) / Berlin (Deutschland), 24.10.2005 – Mit 54 Prozent der abgegebenen Stimmen wählte Polen am vergangenen Sonntag bei der Stichwahl einen neuen Präsidenten: Der 56-jährige Jurist Lech Kaczyński war vorher Oberbürgermeister Warschaus und gehört der katholisch-konservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) an. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 51 Prozent der Stimmberechtigten. Er löst damit den bisherigen Amtsinhaber Aleksander Kwaśniewski ab, der nach zwei Amtsperioden nicht wieder kandidieren konnte.
Kaczyński hatte sich während des Wahlkampfes mit Äußerungen profiliert, die die Unabhängigkeit Polens gegenüber Russland und Deutschland besonders betonten. Seine Kritik zielte dabei besonders auf das von den Vertriebenenverbänden forcierte und von der CDU unterstützte Projekt einer besonderen Gedenkstätte für die Opfer der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg, das in der deutschen Hauptstadt Berlin errichtet werden soll. Nach seiner Wahl zum Präsidenten Polens kündigte Kaczyński bessere Beziehungen zu Deutschland an, distanzierte sich jedoch erneut vor speziellen Zentren zum Gedenken an die Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg.
Viele Polen sehen darin einen Versuch der Deutschen, sich selbst in die Opferrolle zu bringen und die Verantwortung für die Unrechtstaten des Zweiten Weltkrieges zu relativieren, während sie doch aus polnischer Sicht die Verantwortlichen für unermessliches Leid und Millionen von Toten in ganz Europa sind. Polen war das Land, das 1939 als erstes von den Nazis überfallen wurde. Mit dem Überfall vom 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg.
In Bezug auf Russland besteht auf polnischer Seite die Befürchtung, Deutschland und Russland könnten sozusagen über die polnischen Köpfe hinweg Entscheidungen treffen. Auf Kritik war das deutsch-russische Kooperationsabkommen zum Bau einer Erdgaspipeline gestoßen. „Was die Beziehungen zu Rußland anbetrifft, ist es jetzt an der Zeit für Präsident Putin, Polen zu besuchen”, sagte Kaczyński.
Für Polen bedeutet das Votum für Kaczyński eine weitere Stärkung der konservativ-klerikalen Kräfte in Polen. Dies wird sich auch auf die Regierungsbildung auswirken, über die zurzeit die PiS mit der „Bürgerplattform“ Verhandlungen führt. Sein Bruder Jarosław Kaczyński ist Vorsitzender der PiS.