Palästinensische Autonomiebehörde wirft Al-Dschasira wegen der „Palästina-Papiere“ Fälschung vor

Veröffentlicht: 01:02, 6. Feb. 2011 (CET)
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Ramallah (Palästinensische Autonomiegebiete) / Doha (Katar) / London (Vereinigtes Königreich), 06.02.2011 – Angeblich dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira zugespielte Dokumente, die seit 23. Januar veröffentlicht werden, haben die Verärgerung der Palästinensischen Autonomiebehörde hervorgerufen. Die Berichte von Al-Dschasira und der britischen Zeitung The Guardian, die die Dokumente ebenfalls veröffentlichte, enthielten „Lügen und Halbwahrheiten“, erklärte der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat der im Jemen erscheinenden Zeitung Al-Ayyam. Man sei bereit, die Unterlagen des palästinensischen Ministeriums für die Verhandlungen mit Israel zu veröffentlichen, um zu beweisen, dass die Dokumente nicht echt seien. Aus Kreisen des Umfeldes von Abbas war zu hören, Al-Dschasira betreibe eine Schmierenkampagne.

Die rund 1.600 Dokumente sollen aus der Zeit von 1999 bis 2000 stammen. Einigen der Dokumente zufolge soll die palästinensische Seite alle israelischen Siedlungen in Ostjerusalem, mit Ausnahme von Har Choma, akzeptiert haben. Führende PLO-Mitgliieder hätten einen Tausch des Gebietes um Sheikh Jarrah gegen Land an anderer Stelle sowie eine gemeinsame Verwaltung des Tempelbergs angeboten. Am Streit um den Tempelberg waren im Jahr 2000 die Gespräche von Camp David gescheitert, weil der damalige PLO-Führer Jassir Arafat kategorisch abgelehnt hatte, dass die Palästinenser die Souveränität über das Gelände um Felsendom und Al-Aqsa-Moschee abgeben sollten.

Zu diesen Zugeständnissen soll es Ende 2008 nach der von US-Präsident George W. Bush initiierten Konferenz von Annapolis gekommen sein. Diese Gespräche wurden schließlich abgebrochen, weil es zu einem dreiwöchigen Krieg im Gazastreifen kam. Kurze Zeit später stürzte die Regierung unter Ehud Olmert wegen Korruptionsvorwürfen gegen den Ministerpräsidenten.

Die im Gazastreifen regierende Hamas und „Falken in der arabischen Welt“ werfen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas schon lange zu große Nachgiebigkeit im Umgang mit Israel vor. Ihnen zufolge habe die palästinensische Regierung viel zu nachgiebig mit Israel verhandelt. Die Regierung Abbas′ zerstöre „die gerechte palästinensische Sache“. Die Enthüllungen gelten daher als schädlich für Abbas. „Diese Führung ist nicht ehrlich“, kommentierte Osama Hamdan für Hamas gegenüber Al-Dschasira. Hamas lehnt Verhandlungen mit Israel ab.

In Gaza-Stadt haben sich nach der Bekanntgabe des Inhaltes der Dokumente durch Al-Dschasira tausende von Anhängern der Hamas versammelt und gegen Mahmud Abbas demonstriert. Sie verbrannten Poster mit dessen Konterfei und bejubelten den Emir von Katar, dem der Nachrichtensender gehört. Der Hamasabgeordnete Salah Bardawil verlangte vor den Demonstranten, dass „diese Verräter und jeder, der eines unserer Rechte zum Gegenstand von Kompromissen macht“ vor Gericht gestellt werden sollte. Im Westjordanland wiederum gingen mehrere tausend Anhänger der Fatah auf die Straße. Hier wurden Bilder von Hamas-Funktionären verbrannt, es erklangen Sprechchöre gegen Al-Dschasira und zur Unterstützung des palästinensischen Präsidenten Abbas.

Doch auch auf israelischer Seite führten die Enthüllungen zu Kritik. Der rechtskonservative Außenminister Avigdor Lieberman kritisierte die Vorgängerregierung unter Ministerpräsident Ehud Olmert und Außenministerin Tzipi Liwni. „Selbst die Regierung der Linken von Olmert und Liwni haben es nicht geschafft, zu einem Friedensabkommen zu gelangen, trotz der vielen Zugeständnisse“, sagte Lieberman im israelischen Rundfunk.

Al-Dschasira hat nicht bekannt gegeben, auf welche Weise der Sender an die Dokumente gelangt ist. Der palästinensische Verhandlungsführer Saeb Erekat hat Frankreich, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten um Amtshilfe gebeten. Bei der Untersuchung, wo das Informationsleck entstanden sei, möchte man einen ehemaligen britischen Spion, einen amerikanischen Journalisten und einen französischen Staatsbürger befragen.

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