PISA-Studie 2009: Deutschland hat „möglicherweise ein größeres Jungen- als ein Migrantenproblem“
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Berlin (Deutschland), 07.12.2010 – Der „Pisa-Schock“ des Jahres 2001 sitzt in Deutschland noch tief. Mit Spannung werden daher die Ergebnisse der Pisa-Studie erwartet, die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) alle drei Jahre durchgeführt wird. Getestet wurden wieder 15-jährige Schülerinnen und Schüler. Nach wie vor entscheidet in Deutschland in hohem Maße die soziale Herkunft über den Schulerfolg. Bei den schulischen Leistungen in den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften konnten sich die deutschen Schüler verbessern, beim Textverständnis (sinnerfassendes Lesen) schnitten die deutschen Schüler jedoch erneut unterdurchschnittlich ab.
In diesem Jahr nahmen 65 Länder und Regionen an dem Kompetenztest teil. Am besten schnitten die Schüler asiatischer Länder ab. Andreas Schleicher, PISA-Koordinator für Deutschland, urteilt: Chancengerechtigkeit sei „weiterhin die größte Herausforderung für Deutschland“. Das dreigliedrige Schulsystem in Deutschland sei in diesem Zusammenhang „eine große Barriere“, die die „sozialen Unterschiede in Deutschland noch weiter verstärkt“.
Trotz insgesamt „nur mäßiger Leseleistungen“ sieht der Frankfurter Bildungsforscher Eckhard Klieme gewisse Fortschritte in der Kompetenz deutscher Schülerinnen und Schüler in der Aneignung von Texten. Der Abstand zwischen guten und schlechten Lesern habe sich deutlich verringert. Zwischen Mädchen und Jungen gäbe es jedoch erhebliche Unterschiede in der Lesekompetenz. Mädchen wiesen – nicht nur in Deutschland – gegenüber Jungen einen Lernvorsprung auf, der einem ganzen Schuljahr entspreche. Bezogen auf die Situation in Deutschland sagte der Leiter des Berliner OECD-Büros, Heino von Meyer, es gebe hier „möglicherweise ein größeres Jungen- als ein Migrantenproblem“. Kinder mit Migrationshintergrund schnitten ebenfalls immer noch deutlich schlechter ab als ihre gleichaltrigen Mitschüler. Entscheidend für die Testergebnisse sei oft, in was für einem sozialen Umfeld die Schule stehe. Ein „sozial ungünstiges Schulumfeld“ führe zu signifikant schlechteren Testergebnissen bei den Pisa-Tests.
Schüler deutscher Gymnasien schnitten gegenüber den letzten PISA-Tests nicht besser oder schlechter ab. Die Bildungsforscher beobachteten in diesem Segment eine Stagnation der Leistungen. An den Gymnasien fehle es oft an individueller Förderung.