Nordrhein-Westfalen: Sponsoring-Affäre um den Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers
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Düsseldorf (Deutschland), 23.02.2010 – Die CDU des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen hat anscheinend eine Form des Parteiensponsorings praktiziert, die jetzt den dafür verantwortlichen Generalsekretär Hendrik Wüst zum Rücktritt zwang.
Ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers im Austausch für eine finanzielle Gegenleistung von 20.000 Euro für die Parteikasse – mit solchen und ähnlichen Angeboten hatte die CDU um Sponsoren für ihren Landesparteitag am 20. März geworben. Der Preis für einen „Fototermin und Rundgang mit dem Ministerpräsidenten und den Minister/innen“ betrug demnach 14.000 Euro.
Nachdem der Vorwurf der Käuflichkeit der christdemokratischen Partei erhoben worden war, dementierte Rüttgers sowohl Mitwisserschaft als auch Beteiligung an einer derartigen Praxis seines Landesverbandes. Entsprechende Werbebriefe der CDU kursierten jedoch tatsächlich, sie liegen einigen Zeitungsredaktionen vor. Der 34-jährige Generalsekretär des Landesverbandes, Wüst, der seit vier Jahren im Amt war, nahm heute – drei Monate vor der Landtagswahl am 9. Mai – seinen Hut und erklärte: „Man kommt an einen Punkt, wo man sich fragt, ob man der Partei im Wahlkampf noch helfen kann. Wenn man das nicht klar mit Ja beantworten kann, dann muss es ein anderer machen.“
Mit dem Rücktritt Wüsts am Montag ist die „Affäre Rüttgers“ für die Opposition allerdings noch nicht abgehakt. Die Vorsitzende der SPD in dem Bundesland, Hannelore Kraft, sprach von einem großen Schaden für die politische Kultur in Nordrhein-Westfalen und sieht Rüttgers selbst in der Verantwortung: „Rüttgers drückt sich dagegen weiter vor der Verantwortung für das CDU-Mietsystem, das unter seiner Partei-Führung offenbar seit Jahren wie geschmiert läuft.“ So ist ein Sponsoring-System seit Jahren bei so genannten CDU-Zukunftskongressen üblich. Die CDU ließ sich für Kontakte mit dem Ministerpräsidenten und seinen Ministern auf solchen Kongressen von interessierter Seite bezahlen. Wie der Tagesspiegel schreibt, konnte man sich als „Platinsponsor“ für rund 22.000 Euro Ausstellungsflächen buchen und sich medienwirksam präsentieren, etwa indem man beim Abendessen an so genannten V.I.P.-Tischen mit dem Ministerpräsidenten parlieren oder bei Podiumsdiskussionen auf Plätzen sitzen durfte, die von den Medien häufiger abfotografiert wurden als andere.
Auch andere Parteien im Düsseldorfer Landtag nutzen den Vorgang zu grundsätzlicher Kritik am Führungsstil des Ministerpräsidenten. Der Landesvorsitzende der Linken in Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Zimmermann, sieht Rüttgers in einem Erklärungsnotstand: „Sollte er von dem Verkauf seiner Termine gewusst haben, kann er nicht Ministerpräsident bleiben, weil er sich käuflich macht. Wenn er aber tatsächlich nicht wusste, was Hendrik Wüst treibt, dann stellt sich die Frage, welche Führungsqualifikationen ihn dazu befähigen, Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes zu bleiben.“
Aber auch außerhalb der erwartungsgemäßen Verurteilung des Vorgangs durch die politische Opposition wird die rechtliche Fragwürdigkeit des Sponsoringkonzepts der NRW-CDU thematisiert. Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim sagte gegenüber dem Kölner „Express“: „Wenn man den Zugang zu Regierungsmitgliedern kaufen kann, dann hat das nicht nur ein Geschmäckle. Das grenzt an Korruption.“ Die Bundestagsverwaltung prüft jetzt, ob die CDU des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen durch ihren Umgang mit Parteisponsoren möglicherweise gegen das Parteiengesetz verstoßen hat.
Dabei bietet diese Art des Sponsoring für eine politische Partei durchaus einige Vorteile, wie der Osnabrücker Verfassungs- und Parteienrechtler Jörn Ipsen im Tagesspiegel erläutert: „Da Sponsoring nicht als Spende verbucht wird, tauchen diese Gelder im jährlichen Rechenschaftsbericht der Partei nicht unter den Spenden, sondern unter den sonstigen Einnahmen auf.“
Die Sponsoring-Affäre der CDU in Nordrhein-Westfalen kommt für die Partei so kurz vor den Landtagswahlen denkbar ungelegen. Zum Einen verliert die Partei mitten im Wahlkampf ihren Wahlkampfmanager. Zum anderen bleibt für den CDU-Spitzenkandidaten ein Imageschaden zurück. Demoskopen sehen für die Koalition aus CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen nur noch einen hauchdünnen Vorsprung von einem Prozent gegenüber Rot-Grün. Unter diesen Bedingungen könnte die Landtagswahl das Ende für Schwarz-Gelb bedeuten, zumal die FDP in NRW in der Wählergunst am Rande der Fünf-Prozent-Hürde dümpelt.