Mitgliedschaft in SPD und „Burschenschaft“ unvereinbar?

Karlsruhe (Deutschland), 22.11.2005 – Auf ihrem Parteitag in Karlsruhe hat die SPD einen Antrag aus dem SPD-Unterbezirk Göttingen, der einen Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen SPD- und Korporationsmitgliedschaft zum Ziel hatte, zur weiteren Befassung an den Parteivorstand, Organisationspolitische Kommission und den Parteirat verwiesen.

Der Antrag sollte die Mitgliedschaft der SPD und eine Mitgliedschaft in der „Deutschen Burschenschaft“, der „Neuen Deutschen Burschenschaft“, dem „Coburger Bund“ sowie dem „Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen“ und deren Mitgliedsverbindungen unvereinbar machen.

Ansonsten solle eine Mitgliedschaft in der SPD sowie einer „studentischen Burschenschaft oder in einem Corps“ grundsätzlich für grundsätzlich unvereinbar sein.

Ausnahmsweise solle eine Mitgliedschaft in SPD und „Burschenschaft“ möglich sein, soweit sich die „Burschenschaft“ von „geschichtsrevisionistischen Meinungen“ abgrenze, und in es in der „Burschenschaft“ keine Ungleichbehandlung von Mann und Frau sowie Diskriminierungen bestimmter Gesellschaftsgruppen wie Homosexuellen, Ausländern, Wehrdienstverweigerern usw. gebe.

Unter „Burschenschaft“ ist an sich eine bestimmte Art von Studentenverbindungen zu verstehen, die im Zusammenhang mit der Besetzung Deutschlands durch Napoleon entstanden ist. Der richtige Oberbegriff (unter dem neben Burschenschaften auch Landsmannschaften, Turnerschaften, Corps, akademische Segelvereine und viele andere zusammengefasst werden) lautet „Studentenverbindung“ oder „Korporation“.

Mit „Coburger Bund“ meinen die Antragsteller offenbar den „Coburger Convent der akademischen Landsmannschaften und Turnerschaften“ (CC), einen der drei großen schlagenden Korporationsverbände. Die beiden anderen schlagenden Verbände, „Kösener Senioren-Convents-Verband“ (KSCV) und „Weinheimer Senioren-Convent“, sind in dem Antrag nicht ausdrücklich für unvereinbar erklärt, obwohl die drei Verbände im wesentlichen gleiche Aufnahmekriterien besitzen (und "Corps" im Antragstext mit aufgezählt werden): Alle drei Verbände nehmen Mitglieder – nur Männer – unabhängig von Nationalität oder Wehrdienstableistung auf. Davon, dass diese Verbände homosexuelle Bewerber zurückweisen würden, ist nichts bekannt.

Die „Neue Deutsche Burschenschaft“ hatte sich vor einigen Jahren von dem Korporationsverband „Deutsche Burschenschaft“ wegen rechter Tendenzen abgespalten. Die „Deutsche Burschenschaft“ leistet sich in ihren Reihen zwar zahlreiche bekannte Rechtsausleger, aber auf der anderen Seite auch Personen wie den Pfarrer Hartmut Bartmuß, der in Zusammenarbeit mit der Antifa für die Schließung des Nazizentrums Hetendorf 13 sorgte.

Der „Cartellverband katholischer deutscher Studentenverbindungen“ ist der größte Korporationsverband in Deutschland. Er nimmt, wie die übrigen aufgeführten Verbände, nur Männer auf und beschränkt die Aufnahme auf Katholiken. Homosexuelle im Cartellverband haben sich vor einigen Jahren in der Arbeitsgruppe „Buntbemützt – Schwule im CV“ zusammengeschlossen, was in der Verbandszeitschrift „Academia“ aufgeregte Diskussionen auslöste.

Sollten die Parteigremien den beantragten Beschluss fassen, ist damit zu rechnen, dass er in der SPD für erhebliche Unruhe sorgen würde. Zahlreiche SPD-Mitglieder auf allen politischen sind Mitglieder studentischer Korporationen.

Quellen