Mehrere Bombenanschläge in Kairo

Veröffentlicht: 09:15, 26. Jan. 2014 (CET)
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Kairo (Ägypten), 26.01.2014 – Am 25. Januar 2014, dem Vortag des dritten Jahrestags der 25.-Januar-Revolution, kam es zu vier offensichtlich koordinierten Bombenanschlägen in der Metropolregion Kairo, bei denen sechs Menschen getötet und fast einhundert Menschen verletzt wurden. Es entstand erheblicher Sachschaden. Bei Ausschreitungen zwischen Anhängern des gestürzten Präsidenten Muhammed Mursi und Polizei und Protestgegnern am Nachmittag wurden acht Menschen getötet, 59 verletzt und 171 festgenommen.

Sprengstoffanschläge in Kairo und al-Giza

Am Freitagvormittag, dem 24. Januar 2014, detonierte um 6:30 Uhr Ortszeit eine Autobombe eines Selbstmordattentäters vor dem Polizeihauptquartier in der Kairoer Altstadt. Bei diesem Anschlag wurden mindestens vier Personen Person getötet, mindestens 76 verwundet und die Fassade der Zentrale stark beschädigt. Die Wucht von 500 Kilogramm Sprengstoff führte zu massiven Zerstörungen im Umfeld. Im besonderen Maße betrifft dies das Museum für islamische Kunst, das sich auf der gegenüber liegenden Straßenseite befindet. Teile der Fassade des Museums fielen herab. Im Museum stürzten Decken ein, und zahlreiche Ausstellungsstücke wurden beschädigt. Noch im Laufe des Tages wurde mit der Evakuierung des Museums begonnen. Selbst in der 200 Meter entfernten Jussuf-Agha-al-Hin-Moschee wurden die Scheiben zerstört.

Zu diesem ersten Anschlag hat sich die al-Qāʿida-nahe Terrororganisation Anṣār Bait al-Maqdis bekannt.

Stunden später gab es drei weitere Sprengstoffanschläge in verschiedenen Stadtteilen von Kairos Nachbarstadt auf dem Westufer, al-Giza.

Zuerst wurde ein Sprengsatz auf ein fahrendes Polizeifahrzeug in der Nähe einer Metrostation im Stadtteil al-Duqqi geworfen. Dabei wurden ein Polizist getötet und elf weitere verletzt. Ein dritter Sprengsatz wurde vor einer Polizeistation im Stadtteil al-Talbiya gezündet, wobei es keine Verletzten gab. Eine vierte Explosion fand in der Nähe eines Kinos an der Pyramidenstraße im Stadtteil al-Haram statt. Hier starb eine Person, drei weitere wurden verletzt.

Einen Tag später hat sich Anṣār Bait al-Maqdis zu allen vier Anschlägen bekannt.

Internationale Reaktionen

Die USA, die Vereinten Nationen, die EU und die Bundesregierung haben die Bombenanschläge in Kairo scharf verurteilt. Das US-amerikanische Außenministerium forderte, dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden müssten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schrieb in einer Mitteilung der Vereinigten Nationen: „Es gibt nichts, was diese terroristischen Akte rechtfertigen könnte.“

Als Folge dieser Anschläge empfiehlt das Auswärtige Amt Reisenden in den Großstädten Ägyptens, am Wochenende in den Hotels zu bleiben.

Bevölkerung macht Muslimbruderschaft verantwortlich

Ungeachtet der Bekennerschaft für den ersten Anschlag macht ein großer Teil der Bevölkerung die Muslimbruderschaft und ihre Unterstützer für die Anschläge verantwortlich. Unter der Bevölkerung macht sich Verzweiflung breit. Die Welt berichtet über Wutausbrüche wie: „Tötet die Muslimbrüder dafür, tötet sie alle, auch ihre Kinder und Enkel!“ Der einzige Retter Ägyptens könne nur der amtierende Verteidigungsminister, 'Abd al-Fattah as-Sisi, sein. Die Vorgänge am Freitag spielen dem Militär somit in die Hände.

Westliche, insbesondere US-amerikanische Politiker werden von eben diesen Ägyptern als Unterstützer Muhammed Mursis angesehen. Das bekamen auch Mitarbeiter eines TV-Teams des Südwestrundfunks zu spüren, die von einer wütenden Menge attackiert wurden. Drei Mitarbeiter des Teams wurden verletzt. Sie mussten von der Polizei in Sicherheit gebracht werden.

Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Januar-Revolution

Am 25. Januar 2014 jährt sich zum dritten Mal der Beginn der 25.-Januar-Revolution von 2011. Die damaligen Demonstrationen für Brot und Arbeit starteten bewusst am 25. Januar, dem Ehrentag der ägyptischen Polizei, die als Teil des staatlichen Repressionsapparates angesehen wurde. 18 Tage später trat der autokratisch regierende Staatspräsident Husni Mubarak zurück.

Zur Teilnahme an den Feierlichkeiten hat die ägyptische Übergangsregierung, die sich als Wahrer der Ideale dieser Revolution sieht, ihre Unterstützer aufgerufen. Die Übergangsregierung agiert seit dem 3. Juli 2013, nachdem zuvor der bis dahin amtierende Präsident Muhammed Mursi von Polizei und Armee gestürzt wurde.

Warnungen im Vorfeld

Medien und Innenministerium hatten im Vorfeld dieser Feierlichkeiten vor Gewalt gewarnt und 260.000 Polizisten und zehntausende Soldaten aufgeboten, um die Feiern und Demonstrationen von Unterstützern der jetzigen Regierung zu schützen.

Bereits am Vortag, dem 23. Januar 2014, hatte die ägyptische Eisenbahnbehörde den Zugverkehr von Asyūṭ und el-Minyā in Oberägypten nach Kairo auf Drängen der Sicherheitsbehörden eingestellt. Offiziell wurden technische Probleme als Grund genannt. Mit der Maßnahme soll verhindert werden, dass Anhänger der Muslimbruderschaft bzw. Anhänger des gestürzten Präsidenten Muhammed Mursi, die zumeist aus der ärmeren Landbevölkerung stammen, aus der Provinz nach Kairo gebracht werden, um hier an vermutlich gewaltsamen Protestdemonstrationen teilzunehmen.

Landesweite Pro-Mursi-Proteste

Nach dem Freitagsgebet kam es landesweit in mehreren Städten zu gewaltsamen Ausschreitungen von Anhängern Mursis bzw. der „Anti-Coup-Allianz“. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden dabei acht Demonstranten getötet, davon einer in Damietta, vier in Bani Suwaif (Beni Suef), zwei in al-Faiyum und einer in al-Minya. Weitere Proteste und Auseinandersetzungen fanden in der Nasr City, einem Kairoer Stadtteil, und in Alexandria statt.

Die Terrororganisation Ansar Bait al-Maqdis

Ansar Bait al-Maqdis („Schützer Jerusalems“) ist eine erst recht junge Terrororganisation, die auf dem Sinai und im Gazastreifen ansässig ist. Sie wurde während der Revolutionswirren im Februar 2011 gegründet. Es gibt unbestätigte Hinweise darauf, dass die Organisation von Chairat al-Schater, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Muslimbruderschaft, gegründet und auch finanziert wurde. Zu dieser Gruppierung gehören neben den einheimischen Beduinen sowohl ägyptische als auch ausländische Islamisten.

Anfänglich erreichte die Organisation Bekanntheit dadurch, dass sie mehrfach die Erdgasleitung nach Israel und Jordanien sprengte. Seit Mitte 2013 führte sie mehrere Anschläge auf Polizisten und Militärangehörige, vornehmlich auf dem Sinai, durch. Der Organisation wird auch der Anschlag auf den ägyptischen Innenminister, Muhammad Ibrahim Mustafa, am 5. September 2013 zugeschrieben.

In den Folgemonaten verlagerten Ansar Bait al-Maqdis ihre Aktivitäten zunehmend ins Nildalta und nach Unterägypten. Die schwersten Anschläge ereigneten sich am 24. Dezember 2013, als bei einem Bombenanschlag vor der Polizeizentrale in al-Mansura 16 Polizisten getötet wurden, und am 23. Januar 2014, als bei einem Angriff auf einen Checkpoint in Bani Suwaif vier Polizeioffiziere erschossen wurden. Der Anschlag in al-Mansura führte zur Einstufung der Muslimbruderschaft als Terrororganisation.

Ziel der Anschläge der Organisation ist es unter anderem, zu demonstrieren, dass die ägyptische Polizei und Armee nicht für die staatliche Sicherheit sorgen können.


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