Libyen: Osten des Landes in der Hand von Gaddafi-Gegnern

Veröffentlicht: 23:23, 22. Feb. 2011 (CET)
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Tripolis (Libyen), 22.02.2011 – In Libyen herrscht Bürgerkrieg. Die Regierung verliert zusehends an Boden und versucht mit aller ihr zur Verfügung stehenden Macht am Ruder zu bleiben. Laut Medienberichten verlor die Regierung die Kontrolle über Teile des Landes im Osten des libyschen Territoriums.

Aus der im Osten gelegenen Stadt Al-Baida sollen sich die Regierungstruppen zurückgezogen haben. Die Städte Banghazi und Adschdabiya sollen unter Militärkontrolle stehen. Andere Meldungen berichten, nahezu 90 Prozent des Landes seien nicht mehr unter der Kontrolle der Regierung. Eine offizielle Bestätigung für diese Meldungen gibt es nicht. Die libyschen Botschafter in Berlin, London und Washington distanzierten sich von ihrer Regierung. Im Land wechselten offenbar Armee-Einheiten und Sicherheitskräfte die Seiten. Gaddafi stützt sich inzwischen auf bezahlte Söldnereinheiten. Darüber, wie die Kräfteverhältnisse in Libyen selbst zu beurteilen sind, herrscht Unsicherheit, da es kaum zuverlässige und belastbare Informationen aus dem Land gibt. Viele Pressemeldungen stützen sich auf Informationen von Exil-Libyern und persönliche Kontakte von Einzelpersonen sowie Twitter-Meldungen. Die Opposition geht von bisher 560 Todesopfern aus, die auf das Eingreifen der Sicherheitskräfte bei den seit Tagen andauernden Ausschreitungen zurückzuführen sind. Die UNO spricht von mindestens 250 Todesopfern. Der arabische Nachrichtensender Al Jazeera spricht von 1.400 Vermissten.

Staatspräsident Muammar al-Gaddafi meldete sich heute im staatlichen Fernsehen in einer über einstündigen Rede zu Wort. Einen Rücktritt schloss Gaddafi vehement aus: „Ich werde Libyen nicht verlassen!“ Lieber werde er als Märtyrer sterben. Den Gegnern der Regierung drohte er offen mit einem Massaker „ähnlich wie auf dem Tiananmen-Platz“, als die chinesische Führung 1989 mit äußerster Brutalität gegen regierungskritische Demonstranten vorgegangen war: „Legt Eure Waffen sofort nieder, sonst gibt es ein Gemetzel!“ Beobachter schätzten die Rede als Ausdruck großer Unsicherheit des Diktators ein, der offenbar teilweise die Kontrolle über seine Rede verlor, sich wiederholte, zu verbalen Beleidigungen der Regimegegner griff und sich in Wutausbrüchen erging.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Situation in Libyen „zutiefst besorgniserregend“. Wenn die dortige Regierung nicht auf Gewalt gegen die eigene Bevölkerung verzichte, werde die Bundesregierung auf Sanktionen gegen das Land drängen.

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