Kritik an "ESM"-Rettungsschirm für Europa geht durch alle Parteien

Veröffentlicht: 01:26, 23. Jun. 2012 (CEST)
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Berlin (Deutschland), 23.06.2012 – Im Vorfeld der Abstimmung über den ESM-Vertrag am 29. Juni im Bundestag gibt es Kritik aus allen Parteien. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat zudem Bundespräsident Joachim Gauck gebeten, die geplanten Gesetze wegen drohender Klagen zunächst nicht zu unterschreiben. Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, bezeichnete den ESM-Vertrag als „kalten Putsch gegen das Grundgesetz“. Hubertus Heil, stellvertretender Fraktinschef der SPD forderte von der Bundesregierung, sie solle darlegen, ob „sie die Verträge ausreichend verfassungsrechtlich geprüft hat“. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, kritisierte den Zeitdruck, unter dem die Beratungen stattgefunden hatten. Zu den ESM-Kritikern gehören Peter Gauweiler (CSU), der Haushaltspolitiker Klaus-Peter Willsch (CDU) und der Finanzexperte Frank Schäffler (FDP).

Der ESM-Vertrag soll mit Hilfe eines Gesetzes ratifiziert werden, dessen Entwurf vom 2. Februar 2012 stammt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am 30.März einen Eilantrag gestellt. Der Bundesrat hat laut Grundgesetz Artikel 76 Absatz 2 Satz 5 eine Frist zur Stellungnahme von neun Wochen. Mehrere Bundestagsabgeordnete haben sich wegen des hohen Zeitdrucks zusammengeschlossen und versuchen durch Petitionen und Verfassungsklagen die nach ihrer Ansicht überstürzte Zustimmung zum ESM-Vertrag aufzuhalten. Es wird unter anderem kritisiert, dass der ESM-Vertrag die Haftung der Mitgliedsstaaten nicht begrenze, auf Dauer angelegt sei und es zwar ein Eintrittsrecht, aber kein Austrittsrecht für EU-Mitgliedstaaten gebe.

Deutschland soll sich am Stammkapital der Finanzinstitution „Europäischer Stabilitätsmechanismus“, die laut ESM-Vertrag in Luxemburg gegründet werden soll, mit rund 190 Milliarden Euro beteiligen. Zweitgrößter Geldgeber ist Frankreich mit 143 und drittgrößter Italien mit 125 Milliarden Euro. Der Vertrag kommt nur zustande, wenn 90% des Kapitals gesichert sind. Das anfängliche Stammkapital soll 700 Milliarden Euro betragen. Aus diesem Kapital sollen bis zu 500 Milliarden Euro als Kredit an notleidende Mitgliedsstaaten gegeben werden können. Obwohl es sich faktisch um eine Kreditinstitution der 17 Euro-Mitgliedsstaaten handelt, ist der ESM von zahlreichen Beschränkungen befreit. Als Sanktion gegen Mitgliedsstaaten, die ihren Kapitalanteil am ESM nicht einzahlen, ist vorgesehen, ihnen das Stimmrecht innerhalb des ESM zu entziehen.

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