Jung: Afghanistaneinsatz dauert noch mindestens zehn bis fünfzehn Jahre
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Lemgo (Deutschland), 04.06.2008 – Soldaten der Bundeswehr wurden gestern in feierlichem Rahmen vom deutschen Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und dem Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhahn, in Lemgo zu ihrem Afghanistaneinsatz verabschiedet. Das 17. Deutsche Einsatzkontingent der Bundeswehr in Afghanistan soll ab Mitte Juni in Masar-e Scharif, Termez, Kundus, Faizabad und Kabul Dienst tun. Im Rahmen der heutigen Truppenentsendung wird auch ein Kampfverband nach Afghanistan geschickt, der unter dem Begriff „Quick Reaction Force“ (QRF, deutsch etwa: Schnelle Eingreiftruppe) bekannt ist. Dabei handelt es sich um einen rund 200 Soldaten starken Verband, der sich durch hohe Mobilität und Aufklärungsfähigkeit auszeichnet und über eigene Logistikkräfte und Kampfmittelspezialisten zur Entschärfung von Minen oder Sprengfallen verfügt. Direkte Kampfeinsätze sind nicht ausgeschlossen. Das zeigen die Erfahrungen der norwegischen QRF, die am 1. Juli von der deutschen Einheit abgelöst werden soll. Insgesamt nahmen an der Verabschiedungszeremonie mehr als 1.200 Soldaten teil. Jung machte auch ein besonderes Jubiläum deutlich. Mit der Verabschiedung des 17. Einsatzkontingents wurde auch der 250.000ste Soldat der Deutschen Bundeswehr in einen Auslandseinsatz geschickt. Dem 17. Einsatzkontingent gehören Soldaten der Panzerbrigade 21 („Lipperland“) aus Augustdorf an. Patenstadt des Panzergrenadierbataillons ist die Stadt Lemgo im Regierungsbezirk Detmold.
Ich möchte dort jetzt keinen Zeitrahmen nennen, weil es immer mit Risiko verbunden ist. Ich will aber sagen, dass wir schon eine gewisse Zielori entierung haben, die – ich würde es mal so abgrenzen, die nächsten zehn oder fünfzehn Jahre umfasst, damit wir hier von der Frage der Erfüllung eines Auftrages auch letztlich davon ausgehen können, dass dann die selbsttragende Sicherheit auch gewährleistet ist | ||
– Franz Josef Jung zitiert lt. blog.focus.de |
Einen Einsatz deutscher Soldaten im umkämpften Süden Afghanistans schloss der Verteidigungsminister zwar nicht direkt aus. Ein solcher Einsatz gilt nach den Worten des Ministers angesichts der Verschärfung der Sicherheitslage im Norden des Landes aber als unwahrscheinlich. Im Morgenmagazin von ARD und ZDF sagte Jung: „Und da die Situation sich derzeit so darstellt, dass wir im Norden auch eine Verschärfung haben, gehe ich davon aus, dass auch die schnelle Einsatzgruppe im Wesentlichen im Norden eingesetzt wird.“
Auf eine Frage, die die deutsche Öffentlichkeit stark beschäftigt, nämlich der Frage danach, wie lange der Afghanistaneinsatz noch dauert, machte der Bundesverteidigungsminister zwar keine militärisch präzise Zeitangabe, gab aber doch eine ungefähre Größenordnung an – „zehn oder fünfzehn Jahre“. Ziel des Einsatzes ist laut Jung eine sogenannte „selbsttragende Sicherheit“, womit gemeint ist, dass eine Situation geschaffen werden müsse, in der die afghanischen Sicherheitskräfte stark genug sind, um selbst in ihrem Land für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sorgen zu können. Eine wesentlich notwendige, wenn auch vielleicht nicht hinreichende Bedingung für eine solche „selbsttragende Sicherheit“ sind nach Jung „80.000 ausgebildete Streitkräfte und etwa 82.500 ausgebildete Polizisten“ in Afghanistan. Gegenwärtig gebe es in Afghanistan etwa 50.000 ausgebildete afghanische Soldaten.
Zurzeit befinden sich 3.470 Soldaten der Bundeswehr im Afghanistaneinsatz. Die vom Deutschen Bundestag beschlossene Obergrenze für dieses Mandat liegt bei 3.500 Soldaten. Politische Beobachter erwarten, dass die Bundesregierung dem Bundestag bald eine Ausdehnung des bisherigen Mandats vorschlagen wird. Das Afghanistanmandat des Deutschen Bundestages bewegt sich im Rahmen der NATO-geführten Schutztruppe für Afghanistan (ISAF), deren Kommando gestern von dem US-General David McKiernan übernommen wurde. Der US-General hat damit auch den Oberbefehl über das Kontingent der deutschen Bundeswehrsoldaten.
Mit der Entsendung des 17. Einsatzkontigents verschiebt sich auch das Mandat der Soldaten weiter in den Bereich des Militärischen. Aus der Verschärfung der Sicherheitslage ergebe sich, so der Verteidigungsminister anlässlich der Verabschiedung der Soldaten, „die Ausgestaltung des Einsatzes“, die es möglicherweise erfordert, „gegen militante gegnerische Kräfte vorzugehen, damit sich diese nicht in den Provinzen ‚festsetzen‘“. Die tatsächliche Gefahr für Leib und Leben der deutschen Soldaten in Afghanistan wird anhand einer Zahl deutlich, die der Minister ebenfalls bekannt gab: In Afghanistan sind laut Jung bereits 26 Bundeswehrsoldaten ums Leben gekommen.
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Quellen
- bmvg.de: „Rede des Bundesministers der Verteidigung zur Verabschiedung des 17. Deutschen Einsatzkontingents“ (03.06.2008)
- afp.google.com: „Jung: Eingreiftruppe operiert in Norden Afghanistans“ (03.06.2008)
- blog.focus.de: „Noch 15 Jahre Afghanistan“ (03.06.2008)
- pr-inside.com: „Eingreiftruppe «im Wesentlichen im Norden» Afghanistans“ (03.06.2008)
- pr-inside.com: „Stichwort: Quick Reaction Force“ (03.06.2008)
- de.reuters.com: „Neuer US-General befiehlt Nato-Truppe Isaf in Afghanistan“ (03.06.2008)
- bmvg.de: „Minister Jung verabschiedet den 250.000sten Soldaten in den Auslandseinsatz“ (03.06.2008)