Helen Thomas geht in den Ruhestand

Veröffentlicht: 17:16, 10. Jun. 2010 (CEST)
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Washington D.C. (Vereinigte Staaten), 10.06.2010 – Die große alte Dame des Pressecorps im Weißen Haus, Helen Thomas, hat neun amerikanische Präsidenten kommen und gehen gesehen, nun hat sie ihren Abschied genommen. Sie zog damit die Konsequenzen aus Äußerungen, die sie gegenüber einem amerikanischen Rabbiner gemacht hat. Sie hatte vergangene Woche gesagt, die Juden sollten „zur Hölle raus aus Palästina“ und zurück nach Polen und Deutschland, wo sie herkämen.

Helen Thomas (2009)

Zwar hat sich Thomas am Freitag, dem 4. Juni, für ihre Aussage entschuldigt, doch der Ausspruch, der von Rabbi David Nesenoff über das Internet verbreitet wurde, hatte in den Vereinigten Staaten schon heftige Kritik ausgelöst. Der frühere Pressesprecher des Weißen Hauses unter George W. Bush, Ari Fleischer, meinte, Frau Thomas sollte fristlos entlassen werden. „Als jemand, der jüdisch ist und als jemand, der mit ihr zusammengearbeitet hat und sich daran gewöhnte, sie zu mögen, finde ich das entsetzlich“, schrieb Fleischer.

Die 89-jährige Thomas gehörte dem Pressecorps des Weißen Hauses seit der Amtseinführung von John F. Kennedy an. Dieser hatte über sie gesagt: „Helen wäre ein nettes Mädchen, wenn sie endlich Block und Stift beiseite legen würde.“ Der ehemalige Außenminister Colin Powell überlegte öffentlich, in welchen Krieg er Thomas als Berichterstatterin schicken könnte. Kubas Máximo Líder Fidel Castro definierte einst den Unterschied zwischen der Demokratie in den Vereinigten Staaten und Kubas so, dass er nicht die Fragen von Thomas beantworten müsse.

Helen Thomas war die erste Frau im nationalen Presseclub und die erste Frau an der Spitze der Vereinigung der Korrespondenten im Weißen Haus. 1943 trat die in Detroit als Kind libanesischer Einwanderer geborene Journalistin in die Presseagentur UPI ein. Sie und die NBC-Reporterin Barbara Walters waren die einzigen Frauen unter den Journalisten, die 1972 Präsident Richard Nixon auf dessen historischem Staatsbesuch in der Volksrepublik China begleiteten. In den Spielfilmen „Dave“ und „Hallo, Mr. President“ hatte sie Cameo-Auftritte.

2001 verließ sie die Presseagentur UPI nach 57 Jahren Zugehörigkeit, weil diese von Sektengründer Sun Myung Moon gekauft wurde, und es sah alles nach einem Abschied vom Weißen Haus aus. Doch nahm sie das Angebot von Hearst an, als Kolumnistin aus dem Weißen Haus zu berichten, und Thomas behielt ihren Stuhl in der ersten Reihe des Pressesaals. Dieser war schon seit Jahren mit ihrem Namen gekennzeichnet und nicht mit dem einer Presseagentur oder einer Zeitung. Nun blieb der Stuhl leer.

Quellen