Foodwatch verklagt Unilever wegen Phytosterinen in Margarine
Veröffentlicht: 06:36, 10. Feb. 2012 (CET) Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Berlin (Deutschland), 10.02.2012 – Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat eine Klage gegen den Konzern Unilever eingereicht, weil die Margarine „Becel pro.activ“ die beworbenen gesundheitlichen Vorteile für die Konsumenten nicht nur nicht mit sich bringe, sondern ganz im Gegenteil bezüglich dieser Gesundheitsfragen sogar kontraproduktiv wirken könnte.
Die Margarine „Becel pro.activ“ enthält Phytosterine und soll laut dem Hersteller zur Senkung der Cholesterinwerte führen und so Herzkrankheiten vorbeugen. Gegen diese Werbeaussage hat Foodwatch beim Landgericht Hamburg eine Unterlassungsklage eingereicht.
Foodwatch fordert, die Margarine und andere „cholesterinsenkende“ Lebensmittel müssten apothekenpflichtig werden. Die enthaltenen Phytosterine (auch Pflanzensterole, Pflanzensterine oder Phytosterole genannt) sind dem Cholesterin ähnliche Substanzen, die im Darm Cholesterin verdrängen können und so dessen Aufnahme reduzieren können.
Bisher habe es aber an Studien gefehlt, die schlüssig eine allgemeine Reduzierung des Herzinfarktrisikos beim Menschen durch Phytosterine belegten. Eine Reihe neuer Studien zu Phytosterinen haben auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bewogen, eine neue Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit zu empfehlen.
Professor Oliver Weingärtner von der Universität des Saarlandes konnte bei Mäusen, die mit Phytosterinen ernährt wurden, eine Zunahme von Ablagerungen in den Blutgefäßen beobachten. Auch Sitosterolämie-Patienten mit einem 20-fach erhöhten Phytosterinspiegel hatten ein erhöhtes Risiko von Herzkrankheiten. Bei Mäusen störten pflanzliche Sterinester die endotheliale Gefäßfunktion, sie verstärkten ischämische Hirnschäden und förderten die Entstehung der Arteriosklerose, wie Professor Weingärtner im Journal of the American College of Cardiology 2008 berichtete.
Daniel Teupser von der Universität Leipzig konnte 2010 nachweisen, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 Phytosterin besser über Leber und Galle ausscheiden, während Personen mit anderen Blutgruppen Phytosterin im Blut stärker anreichern, was auch zu weniger Herzkrankheiten bei Menschen mit Blutgruppe 0 führe. Über die Oxidationsprodukte der Phytosterine im Körper ist bisher noch wenig bekannt, sie könnten sich noch als gefäßschädigend erweisen. David Jenkins von der Universität Toronto betrachtet Phytosterine als gesund, da Vegetarier eine bis zu dreifach höhere Menge (ein Gramm pro Tag) verzehrten und ein geringeres Risiko von Herzkrankheiten hätten. Phytosterine konnten im Tierversuch die Blut-Hirn-Schranke passieren und sich im Gehirn mit unbekannten Folgen in die Lipidbasis der Zellmembranen anlagern.
Olga Schiepers an der Universität Maastricht konnte in einer Studie über 85 Wochen jedoch keine Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen bei Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten feststellen, die „Pro-aktiv-Margarine“ aßen. Die Stiftung Warentest forderte bereits 2002 in einem Test der Margarine die Angabe von Nebenwirkungen und Gegenanzeigen wie bei einem Medikament.
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Quellen
Bearbeiten- taz.die tageszeitung: „Zweifel über das gesunde Image“ (13.01.2012)
- Die Welt: „Die Legende vom Streichfett, das gesund machen soll“ (07.02.2012)
- Greenpeace Magazin: „Foodwatch verklagt Unilever wegen Becel-Margarine“ (07.02.2012)
- Ärzte Zeitung: „Schädigen Pflanzen-Sterine das Herz?“ (06.06.2008)