Ex-Fußballnationalspieler und Funktionär Michel Platini verhaftet

Veröffentlicht: 21:51, 19. Jun. 2019 (CEST)
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen.

Nanterre (Frankreich), 19.06.2019 – Die französische Antikorruptionsbehörde hat am Dienstagmorgen den früheren Fußballspieler und -funktionär Michel Platini festgenommen. Das meldete zuerst die französische Onlinezeitung Mediapart. Die Tageszeitung Le Monde und die Nachrichtenagentur AFP bestätigten dies unter Berufung auf Justizkreise. Platini, der von 2007 bis 2016 Präsident der UEFA war, werde verhört. Verhaftet wurde auch Sophie Dion, die frühere Beraterin des damaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy in Angelegenheiten des Sports. Außer Platini und Dion werde auch der ehemalige Generalsekretär des Élysee-Palastes, Claude Guéant, vernommen.

Michel Platini, 2010

Das Office central de lutte contre la corruption et les infractions financières et fiscales – deutsch: Zentrales Büro für den Kampf gegen Bestechung sowie Finanz- und Fiskalvergehen – hat seinen Sitz in Nanterre bei Paris. Es ermittelt in der Angelegenheit seit 2016. Die Ermittler verdächtigen Platini der „aktiven und passiven Korruption“. Nach stundenlangen Verhören wurde Platini in der Nacht zum Mittwoch auf freien Fuß gesetzt. Platinis Anwalt William Bourdon sagte zur Presse, die Polizei habe „viel, viel Lärm um nichts“ gemacht.

Der 63-jährige Platini hatte Korruptionsvorwürfe bisher stets zurückgewiesen. „Ich bin mehr als unschuldig, sauberer als sauber“, sagte er 2014 in einem Radiointerview auf Europe1. Doch ein Jahr später wurde er wie Sepp Blatter wegen Verfehlungen gegen den Ethikkodex der FIFA von Hans-Joachim Eckert, dem Vorsitzenden der FIFA-Ethikkommission und früheren Münchner Staatsanwalt und Richter, für acht Jahre für alle Fußball-Aktivitäten gesperrt, weil er im Jahr 2011 eine zweifelhafte Zahlung von der FIFA angenommen hatte. Diese Sperre wurde vom Internationalen Sportgerichtshof CAS später auf vier Jahre verringert und läuft im Herbst 2019 aus. FIFA-Präsident Gianni Infantini hat 2017 Eckerts Absetzung durchgesetzt.

Besonderes Interesse der Ermittler gilt offenbar einem Mittagessen am 23. November 2010, an dem neben Nicolas Sarkozy und Sophie Dion auch Michel Platini als seinerzeitiger UEFA-Präsident und FIFA-Vizepräsident sowie der damalige Kronprinz und heutige Emir Katars, Tamim bin Hamad Al Thani, teilgenommen haben sollen. Zehn Tage später hatte die FIFA die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 in einer Doppelvergabe nach Russland und überraschend nach Katar vergeben. Es ist bekannt, dass Platini für Katar gestimmt hat. Seit Jahren gibt es Gerüchte, die auch der frühere FIFA-Generalsekretär Blatter mehrfach äußerte, nach denen Platini drei weitere Funktionäre der FIFA dazu gebracht haben soll, für Katar zu stimmen.

Ein Jahr nach der WM-Vergabe stieg der katarische Staatsfonds QSI bei Paris Saint-Germain (PSG) ein, und der zum Nachrichtensenders Al-Dschasira gehörende Sportkanal BelN erhielt die Übertragungsrechte für die französische Fußballliga. Außerdem bekam Platinis Sohn Laurent eine Anstellung bei QSI. Gegen Nasser Al-Khelaifi, der nicht nur Beln leitet, sondern auch Präsident von PSG ist, hat die Schweizer Bundesanwaltschaft wegen der von BelN erworbenen Übertragungsrechte für mehrere Weltmeisterschaften in unterschiedlichen Sportarten ein Strafverfahren eröffnet. In Frankreich wird gegen Al-Khelaifi wegen Korruption bei der Vergabe der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2019 ins katarische Doha ermittelt.

Vor der Wiederwahl Blatters hat Platini eine Zahlung über zwei Millionen Schweizer Franken bekommen, die laut Blatter eine verspätete Vergütung für Dienste ist, die Platini der FIFA geleistet habe. Die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt noch nicht gegen Platini. Doch ist kürzlich herausgekommen, dass der höchstrangige Staatsanwalt der Schweiz, Michael Lauber, sich mehrfach mit dem derzeitigen FIFA-Boss Infantino traf. Lauber steht deswegen mit einer Disziplinaruntersuchung in seiner Heimat massiv unter Druck und muss sich aus allen Verfahren in Sachen FIFA zurückziehen.


     Kommentar abgeben


Themenverwandte Artikel Bearbeiten

Quellen Bearbeiten