Europäischer Gerichtshof entscheidet gegen Filtersysteme bei sozialen Netzwerken

Veröffentlicht: 11:31, 18. Feb. 2012 (CET)
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Luxemburg (Luxemburg), 18.02.2012 – Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass soziale Netzwerke nicht verpflichtet sind, Filtersysteme zu entwickeln, mit denen die Verbreitung illegaler Musikdownloads verhindert wird. Der belgische Musikrechte-Verwerter SABAM hatte vor dem Gerichtshof geklagt, um durchzusetzen, dass die niederländische Internetplattform Netlog zur Entwicklung eines solchen Filtersystems verpflichtet wird. Die Luxemburger Richter lehnten diese Klage ab.

Sitzungssaal im EuGH

In der Urteilsbegründung gaben die Richter mehrere Gründe für ihre Entscheidung an. Zum einen würde dadurch eine permanente Überwachung aller Nutzer und solcher sozialen Netzwerke geschaffen, und diese würden identifiziert. Eine solche Maßnahme verstoße jedoch gegen die EU-Richtinie über den elektronischen Geschäftsverkehr. Zum anderen sei ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Urheberrechte und dem Schutz der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte zu beachten. Eine solche präventive Überwachung durch ein Filtersystem verstoße gegen das Recht des freien Empfangs und der freien Sendung von Informationen. Außerdem werde das Grundrecht auf den Schutz von personenbezogenen Daten verletzt, meinten die Richter. Darüberhinaus sah das Gericht in der Forderung SABAMs eine erhebliche einseitige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten, da diese das Filterungssystem auf eigene Kosten hätten einrichten sollen.

Beobachter sehen in dem Luxemburger Urteil eine Stärkung der Freiheit sozialer Netzwerke. Nach Ansicht des Kölner Medienrechtsanwaltes Christian Solmecke gibt das Urteil auch sogenannten One-Click-Hostern Aufwind. „Bislang haben einige Gerichte in Deutschland, etwa das OLG Köln, die Meinung vertreten, dass solche globalen Filtersysteme selbst dann eingeführt werden müssten, wenn dadurch das Geschäftsmodell eines Hosting-Anbieters gefährdet würde. Diese Urteile dürften nun nicht mehr haltbar sein.“ Oliver Süme, Vorstand Politik, Recht und Regulierung des Verbands der deutschen Internet-Wirtschaft Eco, begrüßte das Urteil, da es Rechtssicherheit für europäische Provider bringe. Es bestätige ausdrücklich, dass Provider nicht für Inhalte haften würden, von denen sie keine Kenntnis hätten.

Auswirkungen dürfte das Urteil auch auf das umstrittene internationale Handelsabkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) haben. In dem Abkommen, das von den meisten EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnet wurde, ist vorgesehen, dass die Behörden Provider dazu zwingen können, Kundendaten offenzulegen. Die Ratifizierung des Abkommens ist in den letzten Tagen aufgrund weltweiter öffentlicher Proteste ins Stocken geraten.

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