Ehemaligem RAF-Terroristen Christian Klar bleibt Haftlockerung verwehrt

Artikelstatus: Fertig 08:39, 3. Mär. 2007 (CET)
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Stuttgart (Deutschland), 03.03.2007 – Der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) lehnt Hafterleichterungen für den früheren RAF-Terroristen Christian Klar ab. Vor dem Hintergrund einer Grußbotschaft Klars an die Rosa-Luxemburg-Konferenz vom 13. Januar 2007, in der Klar die Auswüchse des Kapitalismus scharf attackierte, habe sich eine neue Situation ergeben. „Die irritierenden Aussagen des Gefangenen stellen zum Teil das Ergebnis des bereits vorher fertig gestellten Lockerungsgutachtens in Frage. Deshalb sehen wir derzeit keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für eine Zustimmung zu Vollzugslockerungen bei dem Strafgefangenen Klar“, so Goll. Ein zweites Gutachten soll nun klären, ob Klar trotz seiner Kapitalismuskritik Hafterleichterungen gewährt werden können. Unterdessen missbilligte der Vorsitzende der Linkspartei-Fraktion, Gregor Gysi, die Entscheidung des Justizministers und warf ihm vor, die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und das Grundgesetz zu missachten. Die politische Gesinnung Klars dürfe nicht ausschlaggebend für die Frage der Hafterleichterung sein. Vielmehr könne allein der „Grad der Gefährdung der Gesellschaft“ von Belang sein. „Ob jemand pro- oder antikapitalistisch ist, spricht weder für noch gegen Hafterleichterungen, ist für die Frage ohne Relevanz“, so Gysi in einer Stellungnahme.

RAF-Mitglied Klar wurde unter anderem wegen gemeinschaftlichen Mordes an Siegfried Buback, Jürgen Ponto und Hanns-Martin Schleyer zu fünfmal lebenslanger Haft und einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt

Hier stand einmal ein Bild von Gregor Gysi, das von den Commons aus eingebunden wurde, dort aber gysi 2.jpg gelöscht wurde.

Gregor Gysi bezeichnet die Entscheidung Golls als „grundgesetzwidrig“

In einem Schriftwechsel äußerte sich der Justizminister Goll gegenüber Wikinews. Auf die Frage, ob das Justizministerium fürchte, Klar habe mit seinen antikapitalistischen Äußerungen erneut den Weg des radikalen Widerstands eingeschlagen, antwortete Goll wörtlich: „Die Äußerungen des Gefangenen Klar hänge ich nicht zu hoch, tue sie aber auch nicht mit links ab. Er bedient sich der Sprache von vor 30 Jahren und das irritiert. Es drängt sich die Frage auf: Wenn er noch alte Ziele hat, was ist mit dem Rest? Das allein gilt es zu klären, bevor über etwaige Haftlockerungen entschieden werden kann.“ Den Vorwurf, das baden-württembergische Justizministerium beraube Klar damit seines Rechtes auf freie Meinungsäußerung, wies Goll entschieden zurück. Es gehe nicht um Meinungsfreiheit, sondern um die Frage, ob einer, der heute noch die Verschwörungstheorien von vor 30 Jahren vertrete und damals dafür ein halbes Dutzend Menschen umgebracht habe, dies vielleicht wieder tue. Das Ministerium wolle die Erkenntnisse des ersten Gutachtens zwar nicht in Frage stellen, sich jedoch eine „zweite Perspektive“ verschaffen. „Vier Augen sehen oft auch mehr als zwei.“ Das Grußwort Klars sei eine neue Tatsache, die dem ersten Gutachter nicht bekannt gewesen sei. Das zweite Gutachten könne auf dem ersten aufbauen. Es sei Aufgabe der Gutachter zu klären, ob nach der Grußbotschaft des „Gefangenen Klar“ an die Rosa-Luxemburg-Konferenz von ihm eine Gefahr für die Gesellschaft ausgehe. „Wenn Christian Klar sagt, er wolle ‚die Niederlage der Pläne des Kapitals vollenden‘, ist zumindest vorstellbar, dass er dabei auch wieder zu Mitteln jenseits unserer Rechtsordnung greifen könnte. Das gilt es zu klären, bevor über Haftlockerungen entschieden werden kann.“ Zu der Frage, welche Kriterien das Justizministerium zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht habe, antwortete Goll: „Wir lagen mit dem Beginn möglicher Lockerungen für den Gefangenen Klar genau im üblichen Zeitplan.“ Dem Justizministerium habe ein Lockerungsgutachten vorgelegen, das einigermaßen positiv ausgefallen sei. Sinngemäß habe es darin geheißen, Klar sei noch ziemlich verhaftet in der alten RAF-Geschichte, aber auf dem Weg sich zu lösen. Er habe sein Verhalten in der Anstalt geändert und werde sich über kurz oder lang bei den Opfern entschuldigen. „In diese Lage hinein kommt dann dieses Grußwort von Herrn Klar, das ich wegen seiner Terminologie nicht einfach ignorieren kann.“ Auf die Vorhaltungen Gysis, der Goll grundgesetzwidriges Handeln vorgeworfen hatte, antwortete er: „Herr Gysi scheint es noch nicht ganz verstanden zu haben.“

Bundespräsident Horst Köhler muss über das Gnadengesuch Christian Klars entscheiden

Christian Klar hat sich mittlerweile selbst zu der öffentlichen Diskussion geäußert. In einem Brief, der von der Tageszeitung „junge Welt“ auszugsweise publiziert wurde, rechtfertigte er seine Äußerungen und schrieb, er finde es verteidigenswert, dass auch ein Gefangener an einer öffentlichen politischen Diskussion von Menschen in Freiheit teilnehmen könne. Klar griff die Medien scharf für ihre Berichterstattung an. Die Tatsache, dass seine Grußworte an die Rosa-Luxemburg-Konferenz bereits ab dem 14. Januar öffentlich zugänglich, jedoch erst am 26. Februar – kurz vor der anstehenden Entscheidung über die Haftlockerung – Gegenstand eines Berichtes des ARD-Magazins „Report Mainz“ gewesen seien, ist für Klar „Kalkül“: „Niemand von diesen Meinungsblockwarten fand es interessant, bis eben genau einen Tag vor der Vollzugsplanungskonferenz in der JVA Bruchsal.“ „Report Mainz“ wies in einer veröffentlichten Stellungnahme den Vorwurf der gezielten Berichterstattung mit dem Ziel, die Haftlockerung für Klar zu hintertreiben, zurück. Wenige Tage vor dem Sendetermin habe die Redaktion einen Hinweis aus dem Zuhörerkreis der Konferenz bekommen und sei diesem nachgegangen. Darüberhinaus habe „Report Mainz“ viel Wert auf eine ausgewogene Berichterstattung gelegt: Der Gutachter Prof. Helmut Kury, der davon ausgeht, dass Klar trotz seiner vehementen Kritik am Kapitalismus den damaligen Weg der Gewalt nicht wieder beschreiten werde, sei ausführlich interviewt worden.

Für den bayrischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) ist Klars Gnadengesuch nach seinen aktuellen politischen Äußerungen chancenlos. Er fordert die weitere Internierung des ehemaligen RAF-Terroristen auch nach 2009.

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Quellen

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