Donald Trump zu fünf Millionen US-Dollar Schadensersatz verurteilt

Veröffentlicht: 19:31, 11. Mai 2023 (CEST)
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New York (Vereinigte Staaten), 10.05.2023 – Der ehemalige US-Präsident Donald Trump wurde von der Jury eines Bundesgerichts in New York zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von fünf Millionen US-Dollar verurteilt. Demnach hat Trump die Schriftstellerin E. Jean Carroll 1996 sexuell missbraucht und später verleumdet. Bei dem Verfahren handelte es sich um einen Zivilprozess. Carroll hatte Trump beschuldigt, sie in der Umkleidekabine des New Yorker Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Strafrechtlich sind die Vorwürfe schon verjährt.

Die aus sechs Männern und drei Frauen bestehende Jury setzte in dreistündigen Beratungen den Schlusspunkt zu dem Verfahren. Demnach habe Trump Carroll zwar nicht vergewaltigt, sie jedoch sexuell missbraucht. Darüber hinaus habe er den Ruf der Frau geschädigt. Bei beiden Verbrechen sei er besonders rücksichtslos gewesen.

Carroll ist die erste in einer Reihe von über zwei Dutzend Frauen, die Trump sexuelle Belästigungen vorgeworfen haben, deren Fall vor Gericht gekommen ist. Die heute 79-jährige Carroll hatte detaillierte Aussagen zum Tathergang gemacht, musste vor Gericht aber auch Erinnerungslücken einräumen. So konnte sie sich nicht an das Datum der Tat erinnern. Doch sie habe die Ereignisse lange verdrängt, sagte Carroll. Erst durch die "Me-Too"-Bewegung habe sie den Mut gefasst, Trump vor Gericht zu bringen.

Die damals 52-jährige Caroll sagte vor Gericht aus, sie und Trump wären zufällig am Ausgang des Geschäftes aufeinander getroffen. „Hey, sie sind diese Ratgeberlady“, womit er sich auf die von ihr geschriebene Kolumne bezog, und sie habe geantwortet, „Hey, Sie sind dieser Immobilientycoon.“ Trump habe einen Rat für ein Mädchengeschenk gewollt, die Atmosphäre sei freundlich gewesen, selbst nachdem er vorgeschlagen habe, in die Unterwäscheabteilung zu gehen. Doch plötzlich habe sich die Lage geändert, Trump habe sie gegen die Wand gedrückt und ihren Kopf dagegen gestoßen. Er habe sie mit der Hand penetriert und ihr Schmerzen zugefügt, bevor er mit seinem Penis in sie eingedrungen sei. Ihr sei es dann gelungen, ihn mit dem Knie von sich zu stoßen, und sie sei dann so schnell davongelaufen, wie sie konnte. Kurz darauf habe sie ihren Freundinnen Lisa Birnbach und Carol Martin von dem Zwischenfall erzählt. Beide sagten vor Gericht aus. Diese Aussagen stimmten größtenteils mit Carrolls Schilderung überein.

Trump hatte Carroll öffentlich der Lüge bezichtigt. Er habe Carroll nie getroffen, "Sie ist nicht mein Typ", negierte er ihre Anschuldigungen. Doch wurde der Jury ein Foto aus den späten 1980er Jahren gezeigt, auf dem Trump, Carroll und ihre damaligen Ehegatten gemeinsam im Gespräch sind. Die Jury sah auch die Reaktion Trumps in seiner Videoaussage, als er im Oktober 2022 befragt wurde und ihm die Fotografie gezeigt wurde. Trump identifizierte Carroll darauf falsch als seine damalige Frau Marla Maples. Darauf angesprochen, bezeichnete er das Bild als unscharf. Carrolls Anwältin Roberta Kaplan bezeichnete die Fehlidentifizierung als Beweis, dass Carroll sehr wohl Trumps Typ war.

Während der acht Verhandlungstage legten Carrolls Anwälte vor Gericht dar, dass ihre Anschuldigungen in ein Muster passten, „Trumps modus operandi“. Zwei weitere Zeuginnen berichteten von Zusammentreffen mit Trump, die sich plötzlich in sexuelles Fehlverhalten wandelten. Das Gericht begutachtete auch das Video aus der Realityshow Access Hollywood, in dem Trump beschreibt, wie er „Frauen an die Pussy grabsche“.

Trumps Anwälte riefen keine Zeugen auf, er selbst machte keine Aussage und war während des Prozesses nicht anwesend. Anwalt Joe Tacopina stellte es anhand von E-Mail-Verkehr zwischen Carroll und ihren beiden Freundinnen Birnbach und Marton so hin, dass es sich um einen erfundenen Fall handele. Sie teilten eine gemeinsame Abneigung gegen Trump, als dieser schon Präsident war, und die Klage sei politisch motiviert. Doch Kaplan sagte in ihrem Schlussplädoyer, dass es an der Jury sei zu entscheiden, wem sie glaubt: „dem Nonstop-Lügner“ oder den elf Zeugen, die unter Eid für Carroll ausgesagt hätten.

Nach dem Urteil schrieb Trump auf seinem sozialen Medium Truth Social: „ICH HABE ABSOLUT KEINE AHNUNG, WER DIESE FRAU IST. DIESES URTEIL IST EINE SCHANDE – EINE FORTSETZUNG DER GRÖßTEN HEXENJAGD ALLER ZEITEN!“ Später sagte er in einem Video, er und sein Anwälte würden „die Entscheidung anfechten“.

Trump hat derweil auch weitere juristische Probleme. Vor einem Gericht des Bundesstaates New York wurde Klage erhoben wegen Verstößen gegen Buchhaltungs-, Steuer und Wahlkampffinanzierungsgesetzen. In Georgia prüft die Staatsanwaltschaft Vorwürfe der Wahlbeeinflussung, und in Washington, D.C., wird wegen Trumps möglicher Verstrickungen in den Sturm auf das Kapitol sowie wegen der in seinem Anwesen Mar-a-lago in Florida gefundenen Geheimdokumente ermittelt.

Doch scheint das bisher keinen negativen Einfluss auf Trumps Präsidentschaftskandidatur 2024 zu haben. Seitdem die Staatsanwaltschaft von New York Trump angeklagt hat, ist sein Vorsprung in den Umfragen gestiegen.


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