Dioxinskandal: Weitere 934 Tiermast- und Legehennenbetriebe gesperrt

Veröffentlicht: 12:43, 16. Jan. 2011 (CET)
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Hannover / Berlin (Deutschland), 16.01.2011 – Das Bundesministerium für Verbraucherschutz gab am Samstag bekannt, dass in Niedersachsen weitere 934 landwirtschaftliche Betriebe wegen der Belieferung mit dioxinhaltigen Futtermitteln gesperrt wurden. Darunter sind 110 Legehennenbetriebe, 403 Schweinemastbetriebe und 248 Ferkelmastbetriebe. Ein Futtermittelhersteller im niedersächsischen Damme hatte offenbar nicht alle belieferten Betriebe angegeben. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte Konsequenzen. Der Vorgang sei ein „Skandal im Skandal.“ Sie forderte den niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister (CDU) zum Handeln auf. Sie erwarte bis heute Nachmittag einen ausführlichen Bericht des Ministerpräsidenten, erklärte Aigner weiter.

Das Land Niedersachsen schaltete die Staatsanwaltschaft ein, weil von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden müsse. Der Unternehmer habe erst auf „massiven Druck“ hin die vollständigen Listen ausgehändigt.

Wie das niedersächsische Landwirtschaftsministerium am Samstag in Hannover mitteilte, wurde offenbar dioxinverseuchtes Tierfutter nach Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Bayern geliefert. Es müsse weiter davon ausgegangen werden, dass rund zehn Tage lang unbemerkt zum Verzehr bestimmte, mit Dioxin belastete Produkte, hauptsächlich Eier, verkauft worden sind. Der Fall wurde erst durch eine Prüfung des niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) bekannt. Es liegen noch keine Informationen dazu vor, wie hoch die Dioxinbelastung der betroffenen Produkte ist.

Offenbar sind nach wie vor viele Eier, die in Deutschland in den Verzehr gelangen, mit Dioxin belastet. Das teilte das Bundesverbraucherschutzministerium mit. Nach Tests wiesen 24 von insgesamt 90 Proben überhöhte Dioxinwerte auf. Die Proben wurden offenbar nicht aus den 934 heute neu gesperrten Betrieben, sondern aus bereits früher gesperrten Betrieben genommen, um festzustellen welche Chargen zurückzurufen und welche zu verzehren sind. Möglicherweise dioxinbelastetes Schweinefleisch sei nach Polen und Tschechien geliefert und dort verzehrt worden.

Aigner erklärte, sie wolle nun schärfere staatliche Kontrollen für Futterhersteller einführen. Zu einem gestern in Berlin vorgestellten 10 Punkte umfassenden Aktionsplan gehören eine Zulassungsverpflichtung für Hersteller von Futterfetten, außerdem die Trennung der Herstellung von Futterfett und technischem Fett auf EU-Ebene, die Einführung einer Meldepflicht für private Labore, die bei Untersuchungen die Überschreitung von Grenzwerten für gesundheitsgefährdende Stoffe feststellen, die Verpflichtung von Futtermittelherstellern zum Abschluss einer Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung, die Einrichtung eines Frühwarnsystem durch bessere Vernetzung der Datenbestände zu Dioxinen in Lebensmitteln, Futtermitteln und in der Umwelt. Die Ministerin forderte außerdem die Verbesserung der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung der Länderbehörden. Zukünftig sollen auch Informationen zu Rechtsverstößen durch Grenzwertüberschreitungen sowie Informationen der Lebensmittelüberwachung umfassend veröffentlicht werden.

Kritik an den Vorschlägen der Ministerin kam unter anderem von der Versicherungswirtschaft. Bei kriminellen Handlungen wie sie bei dem aktuellen Dioxinskandal zu Tage getreten ist, sei eine Haftung durch Versicherungsleistungen ausgeschlossen. Weiterhin seien höhere Verbraucherpreise wahrscheinlich, da Versicherungen beim Abschluss von verpflichtenden Haftpflichtverträgen immer vom größten anzunehmenden Schaden ausgingen.

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