Deutsche Piratenpartei gründete sich in Berlin
Artikelstatus: Fertig 18:19, 11. Sep. 2006 (CEST) Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben. |
Berlin (Deutschland), 11.09.2006 – Am gestrigen Sonntag gründete sich eine neue Partei in Deutschland, die „Piratenpartei Deutschland“ (Piraten). Die Partei tritt vor allem für eine Stärkung des Datenschutzes und Transparenz in der öffentlichen Verwaltung, aber auch für Veränderungen im Bereich des geistigen Eigentums ein.
Am Sonntag versammelten sich mehr als 50 Personen, unter ihnen nur vier Frauen, ab 10:00 Uhr im Hackerclub c-base in Berlin-Mitte, um die Partei zu gründen. Dabei wurde das vorbereitete Parteiprogramm mit großer Mehrheit und nur wenigen Änderungen durch die Versammelten angenommen sowie ein Vorstand gewählt. Als Vorsitzender der Partei wurde Christof Leng gewählt, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU Darmstadt, dessen Forschungsthema Peer-to-Peer ist.
Die Partei wurde bereits durch die Presse als Filesharing-Partei gebrandmarkt. So konzentrierte sich ein Artikel der Thüringer Allgemeinen hauptsächlich auf das „Raubkopieren“ von urheberrechtlich geschützten Werken. Die Legalisierung des Filesharings ist jedoch nur ein kleiner Teil des Parteiprogramms. Begründet wird sie damit, dass Künstler den Großteil ihres Gewinnes heute nicht mehr mit dem Verkauf von Tonträgern, sondern durch Auftritte und Fanartikel erwirtschafteten. Für Musiker könnten Tauschbörsen laut Ansicht von Jan Huwald, dem politischen Geschäftsführer der Partei, sogar einen positiven Werbeeffekt haben.
Das Parteiprogramm beschäftigt sich mit vielen weiteren Themen. So soll der Datenschutz gestärkt werden und vom Modell „gläserner Mensch“ zum Modell „gläserner Staat“ gewechselt werden. Außerdem möchte die Partei eine Einschränkung der Patentierbarkeit – speziell in der Softwareentwicklung und der Genforschung – sowie den Abbau von Monopolen. Eine Einordnung in das linke oder rechte Parteispektrum wünscht die Partei nicht.
Stefan Lamprecht warnte bei seiner Kandidatur für das Amt des Generalsekretärs dann auch vor Tendenzen, eine „liberal-bürgerliche“ Partei zu gründen, während sein Gegenkandidat Ingo Ponickau die These vertrat, die Piratenpartei sei eine „Bürgerpartei“, da sie sich dem Thema Bürgerrechte widme. Lamprecht wurde nur knapp zum Generalsekretär gewählt.
Einige Parteimitglieder sprachen sich gegenüber unserem Wikinews-Reporter vor Ort strikt gegen eine weitere Ausweitung des Parteiprogramms aus. „Ich unterstütze das verabschiedete Programm komplett, bin aber gegen eine weitere Ausweitung auf Bildungspolitik oder andere Themen“, meinte etwa Niklas Grönhagen, ein Parteimitglied, das bei den frühen Diskussionen um Programm und Satzung mitgewirkt hat. Auch die „Haltung und Einstellungen“ von Parteichef Leng teile er völlig. Seine persönliche Motivation zur Beteiligung an der Piratenpartei sah Grönhagen in parallelen negativen Entwicklungen in den Bereichen Datenschutz und Urheberrecht: „Lange Zeit habe ich im Internet Informationen gesammelt, nun ist die Zeit gekommen, politisch aktiv zu werden.“
Christof Leng äußerte sich gegenüber Wikinews: „Ich bin nicht auf Macht aus. Ich will nicht Bundeskanzler werden.“ Der Parteivorsitzende sieht die Piratenpartei als Ergänzung von Nichtregierungsorganisationen. Die Partei solle sich schwerpunktmäßig auf die „Kernfragen der Wissensgesellschaft“ konzentrieren, so Christof Leng. Laut „heise online“ will die Partei 2009 bei der Bundestagswahl und bei der Wahl zum europäischen Parlament antreten.
Der Name Piratenpartei ist in Schweden mit der ersten Piratenpartei („Piratpartiet“) entstanden. Dort eröffneten Lobbyisten der Medienindustrie ein „Antipiratenbüro“, woraufhin von Gegnern der Lobbyisten ein Piratenbüro gegründet wurde. Es folgte die schwedische Piratenpartei und damit die erste von mehreren Piratenvereinigungen auf der ganzen Welt, unter anderem in Belgien, Frankreich, Italien, Österreich und den USA. Der Name Piratenpartei ist somit ein Kampfbegriff gegen die Verfolgung und Werbekampagne der Medienindustrie bezüglich der Bedrohung durch „Raubkopierer“. Heute zählt die Piratenpartei in Schweden schon 8.850 Mitglieder.
Galerie
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Der gewählte Vorstand der Piratenpartei
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Die Kandidaten stellen sich zur Wahl für den Vorstand
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Gründungsmitglieder der Piratenpartei
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Christof Leng
Video
Quellen
Originäre Berichterstattung | |
Dieser Artikel enthält Journalismus aus erster Hand. Siehe auch die Diskussionsseite für Details. |
- Thüringer Allgemeine: „Raubkopien für alle“ (Quelle nicht mehr online) (07.09.2006)
- taz: „Die Digital-Liberalen“ (11.09.2006)
- Die Zeit: „Kapern, plündern, versenken“ (Datum unbekannt)
- Golem.de: „Deutsche Piratenpartei gegründet“ (11.09.2006)
- heise online: „Deutsche Piratenpartei kämpft für die freie Wissensgesellschaft“ (10.09.2006)